Um die praktischen Kenntnisse für militante Aktionen zu verbreitern, veröffentlichten die Revolutionären Zellen mehrfach Praxisanleitungen, die auf ihren eigenen Erfahrungen basierten.
Die ersten »Anleitungen für den Hobbybastler« - Teil des Revolutionären Zorns Nr. 3 von 1977 wurden überarbeitet und ein Jahr später als »Revolutionärer Zorn Nr. 5. Praxis-Sondernummer« verbreitet, Ende 1981 - unter dem Eindruck zunehmender militanter Aktionen der autonomen Bewegung - wurde von ihnen die Broschüre »Feuer und Flamme für diesen Staat« in Umlauf gebracht.
Um die politischen und praktischen Risiken zu begrenzen, die das Konzept des Aufbaus eigenständiger Zellen mit sich bringt, fordern die RZ in den Einleitungen der Praxishinweise immer wieder zu Genauigkeit auf - sowohl in der politischen Bestimmung des Aktionsziels und der dazugehörigen Erklärung (»Die wichtigste Praxis einer Zelle ist die politische Diskussion«) als auch im Umgang mit dem verwendeten Material.
Da sich dieser Teil der »Praxisnummern« mit dem Verhältnis von Theorie und Praxis des militanten und bewaffneten Kampfes in der Metropole beschäftigt, ist er im folgenden Kapitel dokumentiert. Die konkreten Anleitungen wurden nicht aufgenommen, da sie der Intention dieses Buches widersprochen hätten.
Es gab aber nicht nur innerhalb der legalen Linken eine weitverbreitete Kritik an dem Umgang mit diesen »Bastelanleitungen«. Einige Aktionen führten zu »Unfällen«, zu denen sich die Revolutionäre Zellen im Nachinein mehr oder weniger äußerten.
Als Sylvester 1977/78 zwei Hamburgerinnen bei dem Versuch, einen Fahrscheinautomaten zu sprengen, getötet bzw. schwer verletzt wurden, appellierten die RZ erneut an alle, die solche Aktionen planen, sich zuvor genaue Kenntnisse zu verschaffen und nicht »einfach loszurennen«. Norddeutsche Revolutionäre Zellen nahmen Ende 1981 den Tod des 21jährigen Andreas, der von einem zu früh explodierten Brandsatz getötet wurde, zum Anlaß, neue Praxisanleitungen herauszugeben. Sie warnten vor kursierenden Handbüchern, die zu ungenau oder zu kompliziert seien.
Die Erklärung einer Revolutionären Zelle Nicaragua im Juni 1979, mit der die Verantwortung für einen 30 kg-Sprengsatz übernommen wurde, der im Gebäude der Daimler-Benz AG in Frankfurt deponiert war, jedoch vor der Detonation gefunden und entschärft wurde, löste heftige Reaktionen aus. Im Umkreis von 100 Metern befanden sich nicht nur eine Schule und sechs Wohnhäuser, sondern auch die Räume mehrerer linker Projekte wie des Frauengesundheitszentrums, des Informationsdienstes zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten und des Pflasterstrand.
Wenig später schrieben die Revolutionären Zellen: »(Wir) sind froh, daß diese Bombe nicht losging. [...] Wir appellieren nicht an Leute oder Gruppen, unseren Namen nicht zu benutzen oder ähnliches, wir appellieren an diese, sorgfältiger mit sich und anderen umzugehen, und es ist keine Arroganz, wenn wir eindringlich die bitten, die z.B. in der Emserstraße in Frankfurt handwerkten, lieber nichts zu tun, als daß uns letztendlich ihre Bomben selbst um die Ohren fliegen.«
Zu dem Unfall von Hermann Feiling am 23. Juni 1978, dem eine Bombe im Schoß explodierte, siehe Kapitel 16.
Die Anmerkungen zu diesem Kapitel befinden sich im Buch auf Seite 749