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Krieg ist eine biopolitische Maschine
Toni Negri über die Grundlage der Politik im Empire und die Fluchtlinien der Multitudes
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Interview von Thomas Atzert
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nicht dadurch zum Subjekt, dass man Organisationsformen vorschlägt, die mehr oder weniger demokratisch-zentralistisch sind, Netzwerke, die sich zentripetal auf eine Organisation konzentrieren. Das wichtigste Problem ist der Inhalt, und nicht die Form. Es muss gelingen, die Armut selbst als Subjekt zu verstehen, als ein Vermögen, als die Fähigkeit, die Welt neu zu erfinden. Nur wenn es gelingt, im Konzept der Armut die Potenzialität zu entfalten, wird es möglich sein zu begreifen, was Organisation heißen könnte. Wir müssen uns der Ausgangssituation des Kommunismus zuwenden. Seine Ausgangssituation ist die Fähigkeit der Armen zur Kooperation, zur Assoziation, zur Produktion, ob sie Arbeiter genannt werden oder Intellektuelle oder Migranten oder Prekäre. Das ist der Inhalt, diesen revolutionären Inhalt müssen wir wieder entdecken, das ist unser Bürgerkrieg.
Eine der Mobilisierungen gegen den Krieg, der Aktionstag am 15. Februar, wurde im vergangenen November auf dem Europäischen Sozialforum in Florenz verabredet. Kann von Foren wie in Florenz oder wie dem Weltsozialforum in Porto Alegre eine positive Dynamik ausgehen? Ich habe meine Zweifel über die Zukunft dieser Entwicklung. Es besteht Gefahr, in eine Situation zu geraten, die zur Lähmung der Bewegungen führt. Das Forum von Porto Alegre entstand im Wesentlichen aus der Verbindung zweier Orientierungen: Die eine fällt mehr oder weniger mit der Vorstellung des Netzwerks attac zusammen, die internationalen Finanztransaktionen zu besteuern, die andere geht auf die Erfahrungen mit neuen Formen kommunaler Selbstorganisation und Partizipation zurück, vor allem in Brasilien. Porto Alegre vereinigt so Vorstellungen von »Basisdemokratie«, von Kommunalität, mit der Idee der »Kontrolle von oben« über die Finanztransaktionen, also eines möglichen Zugriffs auf große internationale Organisationen. Allerdings, wenn man darüber nachdenkt, wer eine solche Besteuerung, die so genannte Tobin-Steuer, durchsetzen soll, kommt man zwangsläufig auf den Internationalen Währungsfonds. Betrachtet man das Weltsozialforum von Porto Alegre, dann bleibt zudem recht unklar, woraus dieses Treffen seine Legitimation bezieht. Es entstand durch den Kontakt zwischen attac, oder genauer: dem lateinamerikanischen Flügel von attac, der Zeitschrift Le Monde Diplomatique und einigen NGO. Im Verlauf des Entstehungsprozesses des Forums kamen zwei weitere wichtige Komponenten hinzu, nämlich linke Parteien sowie die so genannte Antiglobalisierungsbewegung im eigentlichen Sinne, vor allem aus Südamerika und Europa. Damit stellt sich die Frage der Repräsentanz, denn letztlich haben wir es hier mit einer vierpoligen Struktur zu tun. In dieser Struktur scheinen mir nun Parteien allzu viel Bedeutung bekommen zu haben. Daraus resultiert, so lässt sich feststellen, eine gewisse Orientierungslosigkeit.
In einem kürzlich publizierten Artikel haben Sie die »Generalisierung des Streiks« als Möglichkeit untersucht, dieser Orientierungslosigkeit der sozialen Bewegungen entgegenzuwirken. Man kann das nicht losgelöst von der Praxis diskutieren. Metropolenstreik bedeutet, in der Stadt jegliche Aktivität zu unterbrechen. Der generalisierte Streik der Menge ist metropolitan; während sich der Generalstreik der Arbeiter auf den Zusammenhang der Fabrik bezog. Sobald die Produktion einen unmittelbar gesellschaftlichen Charakter annimmt und der Ort der Produktion kein spezifischer mehr ist, sondern sich verallgemeinert, bedeutet Streik die Aussetzung der produktiven Tätigkeit im metropolitanen Leben insgesamt. Ich denke bei Metropolenstreik an die Streiks in Paris im Winter 1995/96. Dort wurde der Verkehr und insbesondere das Funktionieren des öffentlichen Nahverkehrs nicht einfach blockiert, sondern es entwickelte sich etwas anderes, es entstanden alternative Bewegungsformen. Es entwickelten sich, auch über Kommunikationsmittel wie das Telefon, Formen gesellschaftlicher Kooperation, die den Alltag gemeinsam organisierten, die Betreuung der Kinder zum Beispiel, da die Schulen bestreikt wurden. Das Problem ist nicht so sehr, zum Metropolenstreik »aufzurufen«, als ihn vielmehr gemeinsam zu entwickeln: Die angemessene Parole für die Menge wäre daher nicht »Streik«, sondern »Exodus«. Der Streik enthält das Moment des Einschnitts, und dieser Einschnitt eröffnet die Möglichkeit der Entwicklung des gesellschaftlichen Kommunen, einer anderen Gesellschaftlichkeit. Erschienen in Subtropen #23/03 (3.Jg. – März 2003)
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