Aktion gegen die Bundesärztekammer, Köln (April 77)

Am 28.4.77 haben wir uns die Nacht zurückerobert, die Bundesärztekammer in Köln kann nach unserer Vorarbeit jetzt ihren Frühjahrsputz halten.
Die Bundesärztekammer vereint die Macht der gesamten Ärzteschaft: die Landesärztekammer, verschiedene Ärzteverbände (z.B. den Hartmannbund) und die kassenärztliche Vereinigung.
Das war unser Beitrag zur Walpurgisnacht. In der Walpurgisnacht zum 1. Mai demonstrieren überall in der BRD Frauen gegen Vergewaltigung - eine Form der Gewalt, die wir Frauen tagtäglich in der Familie, in der Werbung, im Betrieb, auf der Straße und beim Frauenarzt erleben.
Wir verstehen die Bundesärztekammer als Vertreter der Vergewaltiger in weißen Kitteln, die sich über unser Selbstbestimmungsrecht hinwegsetzen und mit unseren Körpern Profit machen wie die großen Chemie-Konzerne. Die Handlanger der Chemie-Konzerne in Gestalt der Arzneimittelkommission sitzen unter einem Dach mit dem Ärztepack.
Besorgt um den Verlust ihrer Einnahmen durch illegale Abtreibungen und mit ihrer Allmacht über den menschlichen Körper, wehren sie sich bis heute erfolgreich gegen eine Streichung des 218.
Vor der »Reform« riet uns der Hartmannbund: »Treibt doch mit dem Schürhaken ab!« (anläßlich eines go-ins in Oberursel).
Nach der »Reform« sind wir Frauen vollends den Ärzten ausgeliefert:
- zwei Drittel der Ärzte boykottieren die Abtreibungen
- Gutachten über die soziale Notlage werden von vielen Chefärzten nicht anerkannt
- Gleichzeitig soll auf unsere Kosten gespart werden: die kassenärztliche Vereinigung fordert aus dem Hinterhof der Bundesärztekammer heraus die Streichung der Mutterschaftsvorsorge und die Streichung sachfremder Ausgaben, die durch den 218 entstehen.
Dabei geht es den meisten Ärzten schon lange nicht mehr um das gesundheitliche Wohlbefinden ihrer Patienten; ihnen geht es vielmehr darum, die Leute fit für den Arbeitsplatz zu halten. Der Vorsitzende der kassenärztlichen Vereinigung Nordwürttemberg: »Im Krankheitsfall sollte sich in den ersten sechs Wochen zunächst einmal die Einkommenssituation verschlechtern, damit ein Anreiz zum Gesundwerden da ist.«
Damit die Ärzte pro Jahr und Nase durchschnittlich 170.000 DM einstreichen können, geht jede neunte von uns verdiente Mark an die Krankenkassen.
Die Schweine haben Namen. Frauen, sucht euch die Adressen, z.B. in Telefonbüchern! Frauen, denkt an Severing, Alt-Nazi und SS-Mitglied nach 33, heute CSU-Mitglied und Präsident der Bundesärztekammer! [...]





Anschlag gegen Schering, Berlin (März 82)

Am 7.3.82 haben wir bei Schering einen Brandsatz gelegt.
Dieser Konzern, der stolz vermeldet, daß er 1981 seinen Umsatz um 18,2 % auf 3,8 Milliarden Mark steigern konnte, hat es schon lange verdient, unsere Wut und unseren Zorn zu spüren, die Milliarden, die er anhäuft, werden von Frauen in aller Welt mit Schmerzen, Verstümmelung, Tod und Zerstörung der Würde bezahlt. Für uns Frauen herrscht heute kein Friede, der Krieg wird gegen uns alltäglich geführt, und der Schering Konzern führt diesen Krieg weltweit besonders gegen Frauen. Seine Schweinereien sind so zahlreich, daß wir nur einige nennen können: Prostagladine, von Schering hergestellt, wurde bei Abtreibungen von 6000 Frauen unter starken Schmerzen ausprobiert, was sie bis jetzt in ihren scheußlichen Laboratorien Tieren antun, wird jetzt auch Frauen angetan. Ein Prozeß gegen Schering endet mit Freispruch. Duogynon, ein weiteres von Schering hergestelltes Präparat, das nach zahlreichen Mißbildungen bei Kindern offiziell verboten wurden, ist unter dem Namen Cumurit wieder auf dem Markt. Und wieder, der Prozeß gegen Schering endete mit Freispruch.
Auch bei der Erforschung von Gen-Manipulationen hat neben Hoechst, Bayer und BASF der Schering-Konzern seine Finger im Spiel. Wie verlockend muß diesen HERREN die Vorstellung sein, auch die Reproduktion von Menschen (Retortenbabies) - die letzte Bastion der Frauen - unter ihre Kontrolle zu bringen, um ihr Menschenbild, die weiße Herrenrasse, endgültig durchzusetzen. Wen wundert es dann noch, wenn sich Ärzte, Juristen und Politiker in November 81 in den Räumen von Schering treffen, um endlich praktikable Mittel zu finden, den Hungerstreik politischer Gefangener zu brechen.
Was in den Metropolen erst angefangen hat, ist in der 3. Welt schon lange alltägliche Realität. Nicht umsonst vermerkt Schering, daß seine enorme Umsatzsteigerung vor allem auf dem Export beruht. Dahinter verbirgt sich, daß schon seit den 20er Jahren die Frauen in der 3. Welt mißbraucht werden, um Verhütungsmittel zu testen. Gleichzeitig läuft ein internationales Projekt zur Zwangssterilisationen der Frauen in der 3. Welt, während das Kinderkriegen in den Metropolen mit Geldprämien belohnt wird. So waren bis 1979 in Puerto Rico 34 % der Frauen sterilisiert, davon im Jahre 1979 allein 200.000. In Brasilien wurden allein im Jahre 1981 eine Million Frauen zwangsterilisiert.
Schering und die anderen Pharma-Konzerne setzen die Tradition fort, die die Nazis mit ihren Versuchen an Frauen in den KZs begonnen haben, der Unterschied ist nur, daß sie heute weltweit organisiert sind.
Das Leben ist eine Frau
und ihre Augen
mal zornig mal heiter
sie nimmt sich die Waffe
die ihr paßt
und sagt dir
der Kampf geht weiter





Aktion gegen den Arzt Lindemann, Hamburg
(Februar 83)

Am 23.2.83 haben wir das Auto von Hans-Joachim Lindemann in Brand gesetzt. Wir wollen dazu beitragen, daß er endlich aufgibt.
Lindemann, Chefarzt am Elisabeth-Krankenhaus in Hamburg, hat sich mit Sterilisationsversuchen an Frauen und als internationale »Fachkraft in Sterilisationsfragen in der Dritten Welt« hervorgetan. Er personifiziert die Strategie der Imperialisten, über die sog. Bevölkerungspolitik [7] die Gebährfähigkeit der Frauen zu kontrollieren: Zwangssterilisation von Sozialhilfeempfängerinnen in den USA, von Indianerinnen und armen Frauen in Lateinamerika, von Türkinnen in der BRD, von ca. 33 % aller Puerto-Ricanerinnen in ihrem von den USA als Kolonie gehaltenen Heimatland. Drohende Aufstände werden mit der Ausrottung der Armen und Unterdrückten bekämpft: Sterilisation als lautlose Waffe der Imperialisten.
Lindemann sucht nach einem Verfahren, das kostengünstig und von den Frauen unbemerkt durchgeführt werden kann. An mindestens 700 Frauen hat er seit 1972 ohne deren Wissen vor einer notwendigen Gebärmutterentfernung Versuche zur operationslosen Sterilisation durchgeführt. Bei 520 hat er zunächst versucht, die Eileiter mittels hochfrequenter Elektrizität zu verkochen. Dann versuchte er 194 Frauen mit einem sogenannten Ethi-block die Eileiter zu verstopfen, als die Erfolgsquote auch hier gering war, verwandte er zusätzlich Silbernitrat, um eine Entzündung im Eileiter und die Verklebung des Ehti-Blocks zu erreichen. Sowohl der vom Pharma-Konzern Ethicon entwickelte Block als auch Silbernitrat (schon in der NS-Zeit erprobt) sind in der Gynäkologie nicht anerkannt. Mit ihrer Anwendung in den Versuchen hat Lindemann die Gesundheit der Frauen auf's Spiel gesetzt und ihr Selbstbestimmungsrecht mit Füßen getreten.
Unterstützt wird seine Forschung besonders von Ethicon und internationalen Bevölkerungspolitikorganisationen, auf deren Tagungen er ein vielgesehener Gast ist.
Lindemann ist zwar nur eine einzelne Figur im Zusammenspiel der Herrschenden, aber er sitzt direkt vor unserer Nase. Ein Strafverfahren gegen ihn ist eingestellt worden, aber er hat im letzten Jahr schon zu spüren bekommen, daß die Frauen nicht bereit sind, seine menschenverachtenden Praktiken und Forschung und die dahinterstehende imperialistische Politik hinzunehmen. Und er soll es weiterhin zu spüren bekommen, wenn er nicht schnellstens aufhört.
Revolutionäre Zellen und Rote Zora





Aktionen gegen den Frauenhändler Kirschner, Köln und das Philippinische Konsulat, Bonn (März 83)

Ihr habt die Macht - uns gehört die Nacht!
Für den ersten Sexboom in Südostasien sorgten die US-GIs, deren Kampfmoral im Vietnamkrieg durch organisierte Sexreisen ins benachbarte Ausland aufgemöbelt werden sollte. Sexindustrie und Bordellkultur sind immer eine Begleiterscheinung der militärischen Präsenz ausländischer Truppen; Unterwerfung von Frauen und imperialistischer Krieg gehören eng zusammen.
Die durch die Yanks in Gang gekommenen Sexgeschäfte wurden nach deren Abzug mit staatlicher Förderung weiter ausgebaut und als Tourismusbranche systematisch erschlossen (v.a. für Amerikaner, Deutsche, Japaner und zunehmend reiche Ölaraber).
In der BRD gibt es ca. 200 Unternehmen - und es werden täglich mehr - die unter dem Deckmantel »Ehevermittlungsinstitut« oder »Reisebüro« regelrechten Frauenhandel betreiben mit Asiatinnen, vorzugsweise Philippininnen. Das Angebot reicht von Reisen für alleinstehende Männer über die Vermittlung von Ehefrauen bis zur Vermittlung von Frauen für Bordelle und »Amüsierschuppen«. Bei diesem Handel wird der Zusammenhang von Frauenunterdrückung und Ausbeutung der sog. 3. Welt besonders deutlich. Wir haben deswegen den 8. März - Internationaler Frauentag - zum Anlaß genommen, Betreibern dieses menschenverachtenden Frauenhandels Widerstand entgegenzusetzen.
Wir haben einem dieser Vermittler, Heinz Kirschner in Köln, der besonders dick im Geschäft steckt, das Auto in Brand gesetzt und das philippinische Konsulat in Bonn mit einem Sprengsatz angegriffen, da die philippinische Regierung diese Geschäfte unterstützt und schürt, Land und Leute verkauft, um sich selbst zu bereichern.
Die imperialistische Ausbeutung brachte das Land in eine Situation, die durch extreme Verschuldung und Verarmung der Bevölkerung erst die Voraussetzung schaffte für die Entwicklung von Sextourismus [8] und Prostitution in großem Ausmaß.
Heute hat es sich zu einem der Hauptwirtschaftszweige entwickelt, es ist die drittgrößte Devisenquelle für das Land. Das Geschäft lohnt sich für die philippinische Regierung der Marcos-Clique [9], doch was haben die Frauen davon?
Ihrer Existenzgrundlage beraubt, bleibt den Frauen gar keine andere Wahl, als sich den weißen Herren zu verdingen, um überhaupt zu überleben - ob unter der kurzfristigen und niedrigst bezahlten Lohnarbeit unter den schlechtesten Arbeitsbedingungen in den Weltmarktfabriken (der Verdienst liegt weit unter dem Existenzminimum) oder durch Prostitution.
Auch Hotelbesitzer, Fluggesellschaften, Reiseunternehemn, Vermittlungsinstitute und die Männer der imperialistischen Staaten profitieren von der ökonomischen Not der Frauen. Der Besitz von DM und Dollars gibt ihnen das Recht, sich Frauen zu kaufen für eine Nacht, ein paar Tage, ein Leben.
Die Ehevermittler wittern hinter der gezielten Verarmung der Frauen nicht nur ihr lukratives Geschäft, sondern sie verstehen sich auch als Vertreter der männlichen Gesellschaftsordnung, die dafür Sorge tragen, daß jeder kleine Mann noch über eine »richtige Frau« verfügen kann. Da in der BRD die Besitzverhältnisse der Männer gegenüber ihren Ehefrauen durch wachsendes Selbstbewußtsein der Frauen angeknackst werden, sollen hier die philippinischen Frauen herhalten. Die Vermittler werben für ihren Frauenhandel, indem sie vor allem die Eigenschaften der Unterwerfung wie »sanft, anschmiegsam und treu« (Interpart Rolf Loos, Marstall 6, 3000 Hannover), »anspruchslos und zu jedem Dienst bereit« als besondere Attraktivität anpreisen.

Wirtschaftsmacht und sexuelle Ausbeutung
Die Philippinen - seit dem 16. Jahrhundert unterdrückt: zuerst von den Spanieren bis hin zu den Yanks heute, mit deren Unterstützung der Diktator Marcos seine Interessen wahrt und das Land dem internationalen Agrobusiness und anderen Großkonzernen ausverkauft. Die ökonomischen Strukturen des Landes sind rein weltmarktorientiert, die eigenen Kulturformen von Lebens- bis Produktionsweisen sind fast völlig zerstört.
Wenn Del Monte, Dole, Transnational Corporation oder andere Agromultis heute Land wollen, dann schicken sie aufgrund des sich ausweitenden Widerstandes meist zuerst eine militärische oder paramilitärische Anti-Guerilla-Einheit vor. Die mordet, vergewaltigt die Frauen und treibt die Überlebenden in die sog. Wehrdörfer zum »Schutz« vor der Guerilla oder sie treibt sie einfach in den Wald. Gigantische Brände, Rodungen, Entlaubungen, Bulldozereinheiten machen alles nieder für die Agroausbeuter. Wenn die Überlebenden Glück haben, dürfen sie als Landarbeiter für Hungerlöhne wieder auf ihr Land in die Riesenplantagen, andere landen in den Elendsvierteln der Großstädte. Die meisten Männer werden dann dort als Arbeitssklaven exportiert - 200.000 pro Jahr. In den Arbeitslagern am persischen Golf vegetieren ca. 600.000 Philippinos. Die Frauen werden ohne Umstände den zwei großen Industriebereichen zugeführt: den Weltmarktfabriken in den freien Produktionszonen (Textil, Optik, Elektronik vorwiegend, 90 % der dort Beschäftigen sind Frauen) und der multinationalen Prostitutionsindustrie. Jährlich wird ca. 1 Million DM allein am Prostitutionstourismus verdient. Über 80 % der Touristen sind Männer. Mord und Vertreibung sollen auch die Basis der Guerilla [10] treffen, die stärkste in Asien. Man rechnet 30 % des Volkes zu den direkten Sympathisanten und es werden Jahr für Jahr um ein Drittel mehr. Ganze Familien schließen sich dem bewaffneten Kampf an. Immer geht es auch um die Bestrafung der paramilitärischen Mord- und Vergewaltigereinheiten, vor allem des berüchtigten »verlorenen Kommandos«. [...]
Wir wehren uns dagegen in Solidarität mit den philippinischen Frauen, weil wir uns als Frauen durch diese Praxis angegriffen fühlen. Die Möglichkeit, hier philippinische Frauen wie Handelsware anzupreisen und zu verkaufen, ist verschärfter Ausdruck der gesellschaftlichen Machtverhältnisse, der Gewalt- und Ausbeutungsverhältnisse zwischen Männern und Frauen.
Wir greifen die Vertreter der patriarchalen Ordnung an, weil wir es nicht zulassen wollen, daß sie ihr Selbstverständnis von der Beherrschung der Frauen so reibungslos einlösen können.
Wir wollen ihre Ruhe stören, die für uns Frauen - und in ganz besonderem Maße für die Frauen der sog. 3. Welt - schon lange nur Unterdrückung und Krieg bedeutet. Denn die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen.
»Was die unterdrückten Leute brauchen
ist nicht eure Sympathie,
eure Tränen oder gar Gebete
was sie am meisten brauchen,
ist eure Wut«
(Zitat einer philipp. Frau)





Aktion gegen den Frauenhändler Günter Menger, Münster (August 83)

Ich hab mir eine Frau gekauft (Bild 1983)
Das Geschäft blüht weiter mit dem Frauenhandel aus den Ländern der sog. 3. Welt. In Zeiten verschärfter Lebens- und Arbeitsbedingungen hier ist es immer noch möglich, sich durch die Strukturen imperialistischer Ausbeutung zu bereichern, wenn mann nur den richtigen Geschäftssinn entwickelt.
Günter Menger aus Münster in Hessen (»Imta«), einer der ältesten und größten im Geschäft, hat seinen Handel mit asiatischen Frauen mittlerweile ausgedehnt auf Frauen aus Afrika und Lateinamerika. Sein Geschäft, zu dem auch die Organisierung entsprechender Reisen in diese Länder gehört, betreibt er im schmucken Familienhaus auf dem Land mit ASIA-Bar und als Werbeattraktion eine asiatische Pappfrau in Lebensgröße am Fenster des Wohntrakts.
Unser Widerstand gegen diese frauenverachtenden Praktiken wird nicht abbrechen, darum haben wir am 19.8.83 den Flughafen-Service-Bus des Frauenhändlers Menger in Brand gesetzt. Daß er wegen dieser Geschäfte schon in den 70er Jahren ein Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandel und Begünstigung der Prostitution anhängen hatte, zeigt uns nicht, wie eifrig die Staatsanwälte in solchen Fällen ermitteln, sondern wie »dick« der Typ im Geschäft steckt. Seine Geschäftspraktiken sind ein Beispiel dafür, wie fließend die Grenzen sind zwischen dem Verkauf als Prostituierte und Ehefrau.
Das Verschleppen der Frauen in Bordells, in denen sie unter übelsten, gewalttätigen Bedingungen in Gefangenschaft gehalten werden, ist die unbeschreiblich offen brutale Form der Versklaverei, und findet auch die gesellschaftliche Ächtung, wenngleich wenig dagegen unternommen wird, weil sie im kontrollierten Maß auch Bestandteil der Gewaltverhältnisse hier sind.
Der Verkauf als Ehefrau dasgegen gilt hier als seriöses Geschäft. Immerhin erwirbt sich der Ehemann einen rechtmäßigen Eigentumstitel über die Frau, und die Funktion der Frau als Dienerin des Mannes, dem sie emotional und körperlich zur Verfügung steht, deckt sich mit der herrschenden Familienideologie hier.
Sexismus und Rassismus sind hier so tief verankert, daß es für die weißen Männer eine Selbstverständlichkeit ist, sich die Frauen der 3. Welt nach ihren Bedürfnissen anzueignen - wie die Rohstoffe und Naturschätze dieser Länder. »Bild« wirbt für das Geschäft mit der Serie »Wie kaufe ich mir eine Frau?« und die Vermittler fänden es einen »Jammer, die süßen Blumen ungepflückt zu lassen«, wo sie doch hier dafür garantieren können, daß die Männer - selbst Alte, Kranke, Verklemmte - über eine Frau nach ihrem Geschmack verfügen können: knackig jung, exotisch, anspruchslos. Daß die ausweglose Situation dieser Frauen, in die die imperialistischen Länder sie gebracht haben, ihnen wenig Wahlmöglichkeiten läßt, hat die Rote Zora in ihrer letzten Erklärung aufgezeigt. (Brandanschlag auf das Auto des Heiratsvermittlers Kirschner und Sprengstoffanschlag auf die philippinische Botschaft). Wie sehr die Männer es als ihr Recht ansehen, die Frauen wie Ware zu behandeln, anzubieten und zu verkaufen, durchnummeriert, austauschbar, im Sonderangebot (Menger hält sogar Betten zum Ausprobieren bereit), zeigt die Reaktion von Kirschner - wir haben ihn nicht vergessen -, der es nicht verstehen will, wegen seiner seriösen Geschäfte angegriffen zu werden.
Die philippinische Regierung reagierte offiziell betroffen auf den Angriff auf ihre Botschaft. Eine Pressekampagne wurde gestartet, in der sie diese Form der Handelsbeziehungen zwischen den Ländern verurteilt und sich auf die Seite »ihrer » Frauen stellt. Sie verteidigt ihr nationales Ansehen gegen diese Geschäfte, denen Anrüchiges anhaftet. Dazu kommt noch eine Portion männlicher Chauvinismus. Angeblich will sie hart durchgreifen gegen solche Praktiken des Frauenhandels, während sie andererseits den Sextourismus, drittwichtigste Deviseneinnahme der philippinischen Wirtschaft durch staatliche Subventionen fördert. Sie schafft weiterhin die Voraussetzungen dieses Frauenhandels, betreibt den Ausverkauf des Landes an multinationale Konzerne, die dem philippinischen Volk die materielle Lebensgrundlage raubt, ihre ökonomischen und kulturellen Lebenszusammenhänge zerstört und sie somit den Ausbeutungstrategien unterwirft. Den wachsenden Widerstand im Land dagegen versucht sie mit brutalsten Repressionen niederzuschlagen.
Solange wir noch fühlen und denken können, werden diese Herren uns nicht los!






Anschlag gegen Siemens, Witten + Braunschweig (November 83)

Siemens-Elektronik: »Von der elektrischen Zahnbürste bis zum Rollstuhl - alles im Dienste der Menschheit!«
Ob im Rechenzentrum der Bundeswehr, bei den Zielsuchgeräten der Tornados, den Panzern Leopard oder Gepard, der Panzerabwehrrakete Milan, ob bei militärischen Funk- und Radaranlagen, ob beim Ausbau des neuen NATO-Nachrichtensystems NICS (nato-integrated communication systems, eine Zusammenführung sämtlicher ziviler und militärischer Fernmeldeeinrichtungen, wozu die Glasfaserverkabelung der BRD nötig ist): überall ist Siemens-Elektronik mit von der Partie. Keine NATO-Strategie ohne Siemens-Technik, kaum ein Krieg, an dem Siemens sich keine goldene Nase verdient hätte.
Siemens ist der zweitgrößte Rüstungskonzern der BRD (auf den Rüstungsumsatz bezogen) und ist führend an der Forschung für Militärtechnologie beteiligt. Mikroelektronik ist für die Weiterentwicklung der Waffensysteme von entscheidender Bedeutung. 2/3 der Kosten für die neuen Waffen entfallen auf ihre Elektronik. Die Entwicklung der Mikroelektronik ist wie alle Hochtechnologie militärischen Ursprungs.
Informationstechnologie ist ein zentrales Instrument zur Kriegsführung nach innen und außen: Computerdateien, Überwachungsanlagen auf Straßen, in Betrieben und Knästen, Personalinformationssysteme wären ohne Mikroelektronik undenkbar. Das BKA und die Landeskriminalämter sind mit Siemens-Computern ausgerüstet. Siemens ist immer gut im Rennen, wenn staatlich finanzierte Aufträge zu holen sind.
Daß Siemens seinen Anteil an Unterdrückung und Krieg so gerne unter dem Deckmantel eines Konzerns - von der elektrischen Zahnbürste bis zum Rollstuhl - alles im Dienste der Menschheit - versteckt, ist ein Grund mehr für uns, seine glatte Fassade zu zerkratzen, sein sauberes Image zu zerstören. Damit seine Verantwortung an Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung sichtbar wird, haben wir in der Nacht zum 6. November an zwei Werken der Siemens-Kommunikationstechnik in Braunschweig und Witten Sprengsätze gezündet.

»Computergesteuerte Maschinen brauchen keine Kaffeepausen und sind besser als Türkenfrauen!«
Nicht nur im militärischen Bereich meint Siemens einer glorreichen Zukunft entgegenzugehen: Mikroelektronik ist Voraussetzung für die Umstrukturierung des Arbeitsprozesses. »Computergesteuerte Maschinen brauchen keine Kaffeepause und sind besser als Türkenfrauen!« Rationalisierung ist wichtigstes Mittel zur Profitsicherung in sämtlichen Produktions- und Dienstleistungsbereichen. Gerade im Bürosektor werden Frauenarbeitsplätze wegrationalisiert, es entstehen neue Arbeitsplätze als Teilzeitarbeit, Aushilfen, Heimarbeit, die enorme Verschlechterungen mit sich bringen. Siemens ist auch hier ganz vorn: es läuft bei Siemens ein Pilotversuch mit Frauen, die ihre Schreibarbeiten zu Hause am selbstfinanzierten Telegerät machen. Erste Ergebnisse: sehr günstig für Siemens - geringerer Preis pro Seite, keine Sozialabgaben, keine Arbeitsplatzkosten.
Durch die Vernichtung von Arbeitsplätzen konnte der Konzern 1982 seine Gewinne um 16 % steigern - 30.000 verloren in den letzten Jahren bei Siemens ihren Arbeitsplatz. Durch die Vernichtung von Arbeitsplätzen trägt Siemens dazu bei, einen Markt von entrechteten, noch billigeren, immer verfügbaren Arbeitskräften zu schaffen. Es sind dann dieselben, die durch die Hintertür über Sklavenhändler, ohne vertragliche Absicherung, zu niedrigsten Löhnen und gefährlichen Arbeitsbedingungen wieder bei Siemens auf AKW-Großbaustellen arbeiten (z.B. Philipsburg).

Frauen in Weltmarktfabriken:
»Flink, geschickt und unterwürfig...«

Mit Vorliebe investiert Siemens in Ländern mit faschistischen Diktaturen. Um die bestehenden Machtverhältnisse in den jeweiligen Ländern zu stützen, werden Militärhilfe und Waffen an die Machthaber geliefert. So liefert Siemens militärische Aufrüstung und Überwachungssysteme an Südafrika, um den Widerstand der namibischen Befreiungsbewegung [11] zu brechen.
Das »günstige Investitionsklima« und das »phantastische Lohnniveau« finden die Siemens-Manager von Portugal bis Südafrika und von Argentinien bis Indonesien. Ausländische Regierungen werben westliche Multis mit der Geschicklichkeit und Unterwürfigkeit ihrer (!) Frauen für Investitionen an. In der Mikrochipproduktion der asiatischen Länder arbeiten bis zu 95 % Frauen. Unter miesesten Bedingungen, ohne Absicherung, für Hungerlöhne arbeiten diese Frauen in der Regel 4 Jahre lang, bis sie durch die ständige Überanstrengung ihrer Augen an den Mikroskopen fast blind sind. Dann bleibt ihnen nur noch die Prostitution oder sie werden von skrupellosen Frauenhändlern in die BRD oder die USA verschleppt.
Der Kreis schließt sich: die Grundlagen der neuen Technologien werden durch Überausbeutung der Frauen in den Ländern der 3. Welt geschaffen, werden hier eingesetzt zur Veränderung der Produktion mit computergesteuerten Maschinen, Industrierobotern und im Büro- und Verwaltungsbereich mit den neuen Informations- und Kommunikationsmedien. Die Folgen hier sind: Entlassungen und verschäfte Ausbeutung - besonders auch für Frauen.

Gegen den imperialistischen Normalzustand hilft nur unser Zorn!
Daß Teile der Friedensbewegung so eingleisig auf die Mittelstreckenraketen starren, erweckt leicht den Anschein, mit der Entscheidung über die Stationierung würde Krieg und Frieden entschieden:
- dabei wird vergessen, daß unzählige Menschen in den sog. Entwicklungsländern Tag für Tag der offenen und versteckten Völkermordpolitik der westlichen Imperialisten zum Opfer fallen - künstlich erzeugte Hungersnöte, Zwangssterilisation und Krieg im Namen von Fortschritt und Freiheit nach westlichem Muster.
- dabei wird vergessen, daß auch hier die Interessen der Herrschenden mit immer drastischeren Formen der Ausbeutung und Repression gegen uns durchgesetzt werden.
- dabei wird vergessen, daß es unsere alltägliche Unterdrückung ist, die den »inneren Frieden« sichert, den sie für ihre imperialistische Kriegspolitik nach außen braucht.








Anschläge gegen Nixdorf, Hannover + den Verband der Vereine Creditreform, Neuss (Dezember 83)

Bist du wahnsinnig,
wird uns gesagt, wenn wir zu weit gehen,
über die Stränge schlagen, die unseren Alltag einzäunen.
Du bist wahnsinnig!
Laßt uns wahnsinnig sein, Frauen, in der Überschreitung der Grenzen, die unser Leben beschränken und unsere Würde ersticken.
Du bist wahnsinnig -
das ist die männliche Reaktion auf unsere Grenzüberschreitung.
Unsere Reaktion auf die tödliche Rationalität der patriarchalen Verhältnisse wird uns als Schimpfwort, als Lasso um den Hals geworfen, das unsere Radikalität einfangen soll.
aber - wir haben keine andere Wahl, als radikal zu sein.
Nur so holen wir unsere Würde zurück und unser Leben.
(Dorothea Brockmann)

Das magische und von allen heraufbeschworene Jahr 1984 ist da:
Wir haben es mit unseren Silvesterknallern bei Nixdorf in Hannover und beim Datenzentrum »Verband der Vereine Creditreform« in Neuss gebührend begrüßt.
Wir hoffen, daß sich bei Nixdorf der für 1984 geplante Einzug in den Super-Glaskasten am Rande der Stadt verzögert. In diesem 7-Millionen-Projekt will der Computerriese den Verkauf seiner Elektronengehirne zentralisieren und weiter vorantreiben (15 %ige Umsatzsteigerung im Jahr 1983).
Die Firma Nixdorf beteiligt sich an dem Glasfaser-Modellversuch BIGFON in Hannover, dessen Erkenntnisse für die Verkabelung der gesamten BRD maßgeblich sein sollen. Klar ist, wer außer den beteiligten Firmen den Nutzen davon hat: die Wirtschaftsbosse und der Staat. Seit Ende des Jahres sind »auserlesene Postkunden« wie das Wirtschaftsministerium und die niedersächsische Staatskanzlei über eine 65 Mio. DM-Glasfaserstrecke miteinander verbunden.
Wir hoffen, daß bei dem Datenzentrum »Verband der Vereine Creditreform« einige Computer nicht mehr einsatzbereit sind.
Diese Firma, nach eigener Darstellung »Europas größte Auskunfts- und Inkasso-Organisation« (allein in der BRD gibt es 106 Geschäftstellen), erteilt 9 Millionen Auskünfte im Jahr und treibt jährlich für ihre Mitglieder Forderungen in Höhe von 250 Millionen DM ein. Dank ihres umfassend gefütterten Computers weiß die Firma mehr über einen einzelnen Menschen, als dieser auf Anhieb selbst von sich sagen könnte.
Ihre Informationen bezieht sie von ihren Mitgliedern und durch ein gut funktionierendes Informantennetz bei Ämtern, Behörden und Verwaltungen, die für Geld unter der Hand Daten an Creditrefom geben.
Ganz legal und nicht weniger ergiebig ist die Zusammenarbeit mit der Schufa [12] und den Banken: kostenfrei erhält Creditreform alle Auskünfte über jede Person - und das sind nicht wenige, da heute viele Lebensäußerungen übers Konto laufen: Job, Wohnung, Gewerkschaftsbeitrag o.ä. Ganz im Verborgenen und unbeachtet werden hier die Daten zusammengetragen, was dann dazu führt, daß Vermieter oder Arbeitgeber kein Interesse mehr am Zustandekommen eines Vertrages haben, daß der Kleinkredit abgelehnt wird, daß der Leasing-Vertrag nicht klappt, einschneidende Entscheidungen ohne Durchschaubarkeit für den Betroffenen!
Das Jahr 1984 steht als Symbol eines neuen Zeitalters für den alles überwachenden Staat, für ein Leben, in dem der Mensch nur noch Opfer der Technologien im Interesse einer abstrakten Macht ist. Diese Vision verschleiert aber, daß die technologischen Entwicklungen kein Zufallsprodukt sind, die sich gegen den Menschen schlechthin richten, sondern sie sind konsequente Entwicklung kapitalistischer Strategien im Interesse der HERRschenden.
1984 - die Horrorvision des alles überwachenden und kontrollierenden Staates soll den Menschen jeglichen Mut zum Leben und zum Kämpfen nehmen.
Aber wir wissen,daß es hier in den Metropolen viele Menschen gibt, die ihre Phantasie und ihren Mut gegen die herrschende Gewalt setzen, die Überlebensstrategien entwickelt haben, indem sie klauen, schwarzfahren, Versicherungen betrügen, vom Staat Geld abziehen, Fahrkartenautomaten zerstören, Computer betriebsunfähig machen, die sich den Plänen von Staat und Kapital verweigern, sie sabotieren und angreifen.
Wir wissen, daß die Menschen in der dritten Welt Widerstand leisten gegen die zerstörerischen Strategien des Kapitals, daß sie kämpfen gegen die mörderische Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, gegen die Zerschlagung ihrer Strukturen, die Zerstörung ihrer Würde, indem sie auf der Straße die Wahrheit laut hinausschreien, Land und Fabriken besetzen, plündern und sich zurückholen, was ihnen gehört, in den Städten und Bergen den Angriff organisieren.
Wir setzen den Spaltung- und Vereinzelungsstrategien des Staates unsere Kollektivität entgegen, die wir entwickeln im Kampf auf der Straße gegen Frauenunterdrückung, Sexismus, Rassismus und imperialistischen Krieg, im Kampf um die besetzten Häuser und die autonomen Zentren, im subversiven Angriff auf die Zentren patriarchaler Macht.





Anschlag gegen das Max-Planck-Institut, Köln (August 85)

Den Hunger beseitigen - das behaupten sie alle, die Politiker, die Wissenschaftler, die Chemiefirmen - doch es wird immer perfekter organisiert. Der Hunger - die beste Waffe der Metropolen gegen die »3. Welt«.
Eine neue Dimension, die Macht über die Nahrungsmittel und ihre Produktion zu erlangen, bietet die Gentechnologie. Das Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln-Vogelsang ist Genzentrum für »Grüne Gentechnologie«. Am Genzentrum Köln sind die Universität Köln, die Bayer-Werke Leverkusen und das Bundesforschungsministerium beteiligt, es hat den Schwerpunkt Pflanzengenetik, vor allem die Entwickung neuer Arten und Methoden.
Das MPI produziert Pflanzenarten, die in der Natur nicht vorkommen, die hohe Erträge haben und trotzdem nicht anfällig gegen Schädlinge sein sollen. Den Pflanzen werden mit Hilfe der Gentechnik Erbanlagen fremder Arten oder Lebewesen übertragen. So werden z.B. Bakterien, die den Stickstoff aus der Luft verwerten können, genetisch in Getreide manipuliert, dadurch könnte dann der Stickstoffdünger für diese Sorten verringert werden. Ebenso werden Pflanzen entwickelt, die widerstandsfähig gegen giftige Pestizide sein sollen. Diese Experimente ziehen eine Zerstörung der natürlichen Artenvielfalt und unvorhersehbare ökologische Probleme nach sich. Mit ihrer Wissenschaft dehnen die Herren ihre Macht auf die innere Struktur des Lebens aus, natürlich ohne zu klären, welche Folgen daraus erwachsen. Bayer Leverkusen sichert sich die Patente/Rechte auf die im Genzentrum Köln entwickelten Genstrukturen, womit die Neuschöpfungen zu ihrem Eigentum werden. Eine Konsequenz haben diese neuen Arten auf jeden Fall: Ihre profitable Nutzung setzt den sozialen Zerstörungsprozeß der »Grünen Revolution« [13] fort und erhöht die Macht der Agro-, Nahrungsmittel- und Chemiemultis. Den Hunger beseitigen sie nicht. Hier werden »politische Pflanzen« gezüchtet, deren Folge die weltweite Kontrolle der Agrarwirtschaft durch einige multinationale Konzerne und deren Profitsteigerung ist.
Auf dem Gelände des MPI wird mit Landesmitteln ein neues Laborgebäude gebaut - ein Ausdruck des derzeitigen Booms in der Genforschung.
Wir haben am 18.8.85 hier eine Bombe gelegt, um ihre Arbeit zu behindern.





Aktion gegen den Technologiepark Heidelberg (April 85)

Sie haben es sich so schön vorgestellt,
die Herren des Genprogramms. Sie sagen, die Umwelt solle wieder sauber werden, unheilbare Krankheiten heilbar, der Hunger in der 3. Welt beseitigt und überhaupt die Menschen der weißen Rasse ein konzentriertes Paket von gesellschaftlich wertwollen Chromosomen, und sie erhoffen sich die vollkommene Herrschaft über Mensch und Natur und unsagbare Profite.
Aber es gibt Menschen, und vor allem Frauen, die von dieser schönen neuen Welt nichts halten. Sie wissen, daß Umwelt durch die Industrie und Profitgier verschandelt und zerstört wird und nicht durch ölfressende Bakterien zu retten ist. Sie wissen, daß sie krank werden durch die Industrie, die Medizin und durch die Lebensbedingungen und ihnen keine Pharmaprodukte helfen können.
Sie wissen, daß Hunger in der 3. Welt durch gierige Ausbeutung imperialistischer Länder produziert wird, und daß die neuen Genprodukte diese Länder noch ärmer und den Hunger noch größer machen. Und sie wollen sich nicht ihre Eier absaugen lassen, damit die Herren damit rumexperimentieren oder mit einem Retortenwunschkind dem inhaltlosen Leben Sinn geben. Sie wissen, daß nicht die Herrschaft über die Gene zur Lösung aller Probleme führt, sondern die Abschaffung der Herrschaft zur Befreiung.
Und ihr Wissen wirkt sich ungünstig auf ein gesundes Investitionsklima aus.
Deswegen haben wir am 13.4.1985 mit Sprengstoff den Technologiepark in Heidelberg heimgesucht.
Der Technologiepark Heidelberg steht kurz vor der Fertigstellung.
In ihm sollen die in der Uni Heidelberg entwickelte Grundlagenforschung der Bio- und Gentechnolgie weiter entwickelt und gebrauchsfähig gemacht werden für die Großindustrie.
So ein Technologiepark, geplant nach dem amerikanischen Vorbild silicon valley, zeichnet sich durch die enge Verfilzung von öffentlichen Forschungseinrichtungen und privater Wirtschaft aus, personifiziert durch die Professoren.
Bisher neun »innovative Patentfirmen« mit Zeitmietvertrag (wenn sie nicht profitabel arbeiten und dem Konkurrenzdruck standhalten, müssen sie neuen Firmen Platz machen) wollen u.a. auf den Gebieten der Zellbiologie, Frühdiagnostika, Impfstoffe, Enzyme arbeiten.
Heidelberg ist zum Zentrum pharmazeutisch ausgerichteter Gentechnolgie geworden.
Die Firmen BASF, Boeringer, Merck bestimmen über die »Gesellschaft zur Förderung molekularbiologischer Forschung in Heidelberg e.V.« maßgeblich, welche Grundlagenforschung an der Uni betrieben wird. Im Technologiepark Heidelberg ist es vor allem die Firma BASF aus Ludwigshafen, die auf alle Forschungsergebnisse ihre direkten Zugriffsmöglichkeiten gesichert hat.

Es rührt sich Widerstand
Dies ist unser Beitrag zu dem Kongreß »Frauen gegen Gentechnik und Reproduktionstechnik« in Bonn [14], den wir als Ausdruck radikaler Ablehnung von Frauen dieser Technologie sehen.

Unsere Hoffnung auf Befreiung nährt sich aus dem Kampf gegen dieses menschenfeindliche System und seine Technologie.
Frauen, stört ihr Programm, laßt die Herren nicht in Ruhe forschen, schafft für dieses Land ein ungünstiges Investitionsklima auf allen Ebenen!
Gruß und Kuß - Rote Zora





Aktion gegen das Humangenetisches Institut Münster (August 86)

Wir waren am 5.8. im Humangenetischen Institut in Münster, um uns einige Akten anzueignen und um möglichst viel durch Feuer zu zerstören.
Abschaffung aller humangenetischen Institute und Beratungsstellen! Stop der Bio- und Gentechnologie!
Die Bio- und Gentechnologie ist eine entscheidende Schlüsseltechnologie im gegenwärtigen imperialistischen Umstrukturierungsprozeß. Ihre Anwendung in der Nahrungsmittelproduktion (Hungerpolitik), Kriegsforschung, für neue Produktionsverfahren und als soziales Kontroll- und Steuerungsmittel dient allein der Profit- und Herrschaftssicherung. Es geht den HERRschenden nicht um qualitative Verbesserungen der Lebensbedingungen, sondern darum, sämtliche menschlichen Lebensbereiche den Interesssen der Verwertbarkeit, Kontrolle, Machtsicherung und technischer Machbarkeit zu unterwerfen.
Selbst die Katastrophe von Tschernobyl [15] wird die Bio- und Gentechnologie nutzen, ihren Anteil an der Planung einer katastrophalen Normalität akzeptabel und profitabel zu machen: die genetische Aussonderung der Menschen gemäß vergifteter Umwelt und miserabler Arbeitsbedingungen, für den quantitativen und qualitativen Bedarf dieses Systems. Studien zur Prüfung erhöhter genetischer Empfindlichkeit gegenüber Radioaktivität werden am HUMANGENETISCHEN INSTITUT in MÜNSTER seit einigen Jahren durchgeführt.
Dieses Institut ist ein Baustein für die in der BRD angestrebten flächendeckenden genetischen und sozialen Kontrollen über menschliches Leben und Reproduktion. Nach der Kosten-Nutzen--Analyse wird die Verminderung der Fortpflanzung von behinderten, nicht verwertbaren, nicht angepaßten Menschen (z.B. die Bewohner von sog. Asozialen-Siedlungen/W. Lenz vom Institut) und die Steigerung der Geburtenrate von wünschenswertem, leistungsfähigem, ökologisch weniger anfälligem Menschenmaterial propagiert.
Die Nähe zur faschistischen Auslese-Ausmerze-Politik ist nicht weit hergeholt, sie personifiziert sich in Münster in dem führenden NS-Rassehygieniker v.Verschuer, der ab 51 Direktor des Instituts war. Als solcher hat er eine umfassende Erhebung (2 Millionen Personen) über krankhafte Erbmerkmale durchgeführt, Grundlage für ein Machwerk über den Nutzen frühkindlicher Euthanasie [16] (1958): 16.000 Kinder kamen zur Vernichtung in Betracht. Diese Forschungen sind im Genetik-Register des Instituts festgehalten, werden weiter ausgebaut und verarbeitet.
Verschuer­s Nachfolger haben die traditionellen Ziele nicht aufgegeben, die faschistische Ideologie ist durch die wissenschaftlich untermauerte Sorge um »die drohende Verschlechterung des Erbgutes« (Tünte) und eine »Eugenik der Gesundheitspolitik« weiterentwickelt worden.
Als Erforschung genetisch bedingter Krankheiten ausgewiesen, wird in den aktuellen Schwerpunkten des Instituts Grundlagenforschung betrieben, die die Voraussetzung schafft für eine umfassende genetische Selektionspolitik, die bisher in den Bereichen pränatale Diagnostik (vorgeburtliche Aussonderung/Vernichtung) und Arbeitnehmer/innen-Screening (Aussonderung bzgl. der Schadstoffbelastbarkeit am Arbeitsplatz) praktisch betrieben wird.
Geforscht und gearbeitet wird in Münster an der Lokalisierung von Genen und Chromosomen (Genkartierung), an der möglichst weitreichenden Erfassung genetischer Merkmale, an der Entwicklung technischer Verfahren zur Erfassung und Manipulierbarkeit erblicher Defekte, an der Herstellung des Zusammenhangs zwischen genetischer Abweichung und Sozialstruktur und an der EDV-gerechten Verarbeitung des erhobenen Datenmaterials.
Überregional fließt das gesammelte Datenmaterial in verschiedene Zentralregister ein und wird weiterkoordiniert mit dem bereits bestehenden Gesundheitskontrollapparat. Es wird hiermit die Basis geschaffen für eine aggressive Sozialpolitik, die entlang der Kosten-Nutzen-Analyse die Vernicht sog. »unwerten« Lebens offensiv betreibt ... (in der Vorlage unleserlich [17]) ... wird über die Zusammenarbeit mit der Uni-Frauenklinik sichergestellt. Zudem (???) eine Beratung Mittel zur Durchsetzung der Normalität genetischer Nachwuchsplanung, Akzeptanzstudien werden gleich mitbetrieben.
Das Ganze wird verkauft als individuelle Lebens- und Gesundheitsfürsorge. Unter dem verinnerlichten Druck, Normen zu erfüllen - verbunden mit Angst, die von oben bewußt geschürt wird, oder Hoffnung auf individuelles Lebensglück - liefern die ratsuchenden Frauen das Material für eine Forschung, die sich gegen die Frauen selbst richtet: weitere Enteignung der Frauen von ihrem Körper, die gesamte menschliche Reproduktion soll ausschließlich unter den Zugriff und der Kontrolle medizinischer Techniker stattfinden, damit die Frauen für Mann/Staat/Kapital gesunde und leistungsfähige Kinder produzieren. Anderssein, das den herrschenden Interessen widerspricht, wird zum genetischen Defekt. Die Verantwortung, diesen Defekt zu vermeiden, wird jeder einzelnen Frau zugeschoben.
Daß sich diese Politik vor allem gegen Ausländerinnen, Frauen der unteren sozialen Klasse und Behinderte richtet, zeigt sich an den sozialhygienischen Zwangsmaßnahmen, denen sie durch Abtreibungs- und Sterilisations«empfehlungen« unterworfen sind und von denen sie in der Zukunft durch die Verweigerung der Kostenübernahme im Falle einer Behinderung betroffen sein werden - wie schon heute in den USA.
Der Bevölkerungspolitik hier nach den Kriterien der Verwertbarkeit entspricht auf brutalste und mörderische Weise die Vernichtung breiter Teile der Bevölkerung in den drei Kontinenten.
Frauen müssen sich dieses Gesamtzusammenhangs und ihrer Verantwortung bewußt sein, wenn sie die »Dienste« dieser Institute in Anspruch nehmen.
Mit der genetischen Klassifizierung der Menschen schaffen sich die HERRschenden ein Instrumentarium, die Menschen in ihren sozialen Zusammenhängen zu erfassen und zu kontrollieren, sie den Bedingungen von Ausbeutung und Verwertung zu unterwerfen und so die patriarchale Klassenherrschaft erneut zu festigen.
Wir bekämpfen diese Technologie nicht wegen ihrer Nichtberechenbarkeit oder unabsehbarer Folgen, wie oft argumentiert wird, sondern wir kämpfen gegen die beabsichtigte und tagtäglich praktizierte Normalität dieser Technologie, die die Vernichtung, Unterdrückung und Unterwerfung von Menschen sehr berechnend plant und durchführen hilft. Nicht die Katastrophe ist das, was uns bedroht, sondern daß es einfach so weitergeht.
Kampf dem imperialistisch-patriarchalen Normalzustand!
Rote Zora







Zwei Erklärungen zu Aktionen gegen das Humangenetische Institut Münster (Januar 1987)

Die sexistische Arbeitsteilung und Ausbeutung und die Gewalt gegen Frauen ist für uns Bestandteil des patriarchalen Herrschaftssystems, ohne das Imperialismus in der Dritten Welt und hier nicht begriffen werden kann.
Im Kampf gegen die Bio- und Gentechnologie sehen wir einen Ansatzpunkt, unseren Widerstand gegen dieses System, gegen jegliche Unterdrückung, für Frauenbefreiung weltweit zu entwickeln. Wir sehen unseren Kampf hier nicht losgelöst von den Verhältnissen, die der Imperialismus in der Dritten Welt bewirkt, sondern als konkreten, praktischen Anti-Imperialismus, indem wir versuchen, den reibungslosen Ablauf der Kapitalstrategien und sein Eingreifen in die Strukturen der Dritten Welt hier zu behindern.
Anlaß für unsere Aktion und diese Veröffentlichung war für uns die Tatsache, daß die Humangenetik ein wesentlicher Ansatzpunkt in der öffentlichen Auseinandersetzung über die Gen- und Reproduktionstechnik war/ist. Die Diskussion um die Humangenetik spiegelt eine Perspektivlosigkeit in der Frauenbewegung wieder, zumindest wenn sie so wie in Berlin auf der ANTIGENA geführt wird. Wo sind die Forderungen und Ansätze geblieben, die den von den Herrschenden vorgegebenen Rahmen und deren Denkmuster sprengen? Wo fordern wir unsere feministischen Utopien noch ein?
Die Behinderten in Berlin forderten die Schließung der Humangenetischen Beratungsstellen. Diese Einrichtungen sind die Schaltstellen für die gesundheitliche Erfassung möglichst vieler Menschen, für die Selektion von erwünschtem und unerwünschtem Nachwuchs, für die Verbreitung der Idee, alle gesellschaftlichen Probleme - vom Alkoholismus über Allergien, Kriminalität und Behinderung - seien biologischer Natur und medizinisch reparierbar.
Gegen die Forderung der Behinderten erhob sich massiver Protest unter den Frauen: es müsse jeder Frau zugestanden werden zu entscheiden, ob sie ein behindertes Kind wolle, jede Frau müsse diese Entscheidung selbstständig treffen und die Forderung nach Schließung würde ein Tabu einrichten.
Dabei ist ein ganz anderes Tabu längst schon in unsere Köpfe eingepflanzt: Das Tabu, über die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse hinwegzudenken und zu fordern: das Recht, anders zu sein als der Durchschnitt; das Recht, sich entgegen aller Proganda von Humangenetikern, Medizinern und Sozialpolitikern eine Welt vorzustellen und darum zu kämpfen, in der Kranke und Behinderte integriert sind. Eine Welt, in der sie keine Last sind. Eine Welt, in der die ganzen krankmachenden Umweltbedingungen und gesellschaftlichen Verhältnisse verschwunden sind.
Die Propaganda der Humangenetiker, Bevölkerungspolitiker und auch unsere eigene Angst stellen das Problem auf den Kopf: Ein Giftmüllskandal, ein Atomunfall sind Anlaß, die Humangenetik anzupreisen und gegen die Opfer herrschender Politik zu wenden.
Sie sagen, daß den Frauen geholfen werden soll. Sie bekommen Informationen an die Hand, die sie zu einer selbstbestimmten Entscheidung über Abtreibung/Sterilisation führen sollen.
Und die »Selbstbestimmung« hat spätestens dort ihre Grenzen, wo sich z.B. Frauen in der Psychiatrie, in den Sonderschulen, unangepaßte Frauen hier und vor allem auch die »überflüssigen« und Widerstand leistenden Frauen in der »3. Welt« nicht den bevölkerungspolitischen Zielen der Herrschenden »freiwillig« unterwerfen - diese Tatsache bleibt bestehen, auch wenn das alles zum »Wohl« für Behinderte, Sonderschüler, Psychiatrisierte und Arme in der 3. Welt umgedeutet wird.
Mit Hilfe der genetischen Klassifizierung soll die Ausgrenzung aller erreicht werden, die sich nicht bedinglos der Normalität des kapitalistischen Arbeitsalltags unterwerfen.
Geplant wird, nach Kosten-Nutzen-Rechnungen die Versorgungskosten für »kranke« Kinder und Erwachsene zu senken. Während dieses Problem im Faschismus durch schlechtere Versorgung und spätere Vernichtung des »unwerten« Lebens gelöst wurde, sind die Methoden der heutigen Humangenetiker subtiler: Durch ihre Propaganda »Selbstbestimmung der Frau, Verhinderung von Leiden der Behinderten und ihrer Angehörigen« wollen sie erreichen, daß die Frauen sich freiwillig den bevölkerungspolitischen Zielen der Herrschenden unterwerfen.
Das Bedürfnis von Frauen nach einem gesunden Kind ist erstmal ein Ausdruck der Situation, daß nach wie vor in diesem Staat die Frauen die eigentliche Verantwortung für die Kinder haben und deshalb jede Abweichung vom sogenannten Normalen zu Lasten der Frauen geht. In der Ökonomie des kapitalistisch/patriarchalen Systems sind Frauen immer »Manövriermasse« in der Reproduktion und auf dem Arbeitsmarkt, die objektiv maßgeblich zur Senkung der Lohnkosten beiträgt. Auch in dieser Logik müssen Frauen leistungsfähige, d.h. gesunde Kinder kriegen, die sich möglichst kostengünstig für Mann/Kapital/Staat fit machen sollen.
Denjenigen, die sich diesen Plänen widersetzen, droht ein ganzer Sanktionskatalog: Einschränkung der finanziellen Möglichkeiten, wenn behinderte Angehörige nicht mehr über die Solidargemeinschaften wie z.B. Krankenkassen oder Rentenanstalten unterhalten werden, Einschränkung der individuellen Möglichkeiten, wenn Frauen für die Versorgung der Behinderten allein zuständig sind, gesellschaftliche Isolierung oder Ausgrenzung - Psychiatrie/Zwangssterilisation, etc. Durch das Vorsorge- und Untersuchungsangebot der Humangenetiker werden Ängste der Frauen kanalisiert, von den eigentlichen Verursachern - wie Chemiekonzerne, Atomlobby, Giftmüllproduzenten - abgelenkt und individualisiert. Ein Giftmüllskandal führt eher zu der Forderung nach Ausweitung der humangenetischen Beratung in der Schwangerschaft als zum Sturm auf die Giftmüllproduzenten und zu gemeinsamen Aktionen bei den Gesundheitsbehörden. Die bestehenden Untersuchungsangebote sind schlichtweg ein Alibi und sollen der Beruhigung der Opfer dienen.
Um die Entstehung von Krankheiten bei Neugeborenen einzugrenzen, sind nicht die humangenetischen Beratungsstellen sinnvoll, sondern erstens müssen die krankmachenden Umweltbedingungen, und zweitens muß die technisierte Geburtsmedizin - aufgrund derer ca. 50 % der Behinderungen bei Neugeborenen zurückzuführen sind - abgeschafft werden.
Die Humangenetiker kennen nur einen verschwindend kleinen Anteil von »Störungen oder Schäden«, die genetisch bedingt sein sollen.
Wichtigstes Ziel ist es daher, für ihre Forschungen Datenmaterial zu sammeln, das so breit wie möglich gefächert ist (hierbei beziehen sie auch Krankheiten wie Alkoholismus oder Krebs ein). Hier treffen sich die Interessen der Reproduktionsmediziner, der Gentechnologen und Vorsorge-Ärzte, die Hand in Hand arbeiten.
Der Begriff »Selbstbestimmung« der Schwangeren ist in diesem Zusammenhang fehl am Platz: Ärzte bestimmen die Untersuchungsmethoden, Humangenetiker die Interpretation der Ergebnisse und der 218 bestimmt die Bedingungen der Abtreibung. Rückblickend müssen wir sagen, daß die 218-Kampagne der Frauenbewegung in der (vielleicht auch unbewußten) Tradition der Selektion und Ausgrenzung von Behinderten gestanden hat. Dies ist eindeutig enthalten bei der eugenischen Indikation. [18]
Die in den letzten Jahren systematisch geschürte Angst vor einem behinderten Kind, die Strategie, Kosten-Nutzen-Denken in alle Köpfe zu verpflanzen, Krankheit als individuelles Verschulden und Problem hinzustellen, hat scheinbar verfangen. Die Forderung nach selbstbestimmter Nutzung der humangenetischen Beratung zu stellen, heißt die Forderung nach selbstbestimmter Selektion zu erheben.
Selbstbestimmung ist nicht mehr kollektive, politische und kämpferische Forderung gegen die Integration/Unterwerfung unter herrschende Verhältnisse, sondern Legitimation für individualistische Prozesse. Diese Individualisierung politischer Konflikte macht uns nicht nur schwach, sie ist unpolititsch und läßt uns unsere Utopien aus den Augen verlieren.

Lasst uns die humangenetischen Beratungsstellen schliessen!
Klauen wir ihnen die Datensammlungen!
Solidarisieren wir uns mit denen, die ausgemerzt und ausgegrenzt werden sollen!
Greifen wir die an, die uns kaputtmachen!
Lasst es uns zusammen machen!
Für eine starke internationale Frauenbefreiungsbewegung!
Kampf dem imperialistisch-patriarchalen System!

Bei unserem Besuch im Humangenetischen Institut (HGI) in Münster im August letzten Jahres ist es uns gelungen, das Archiv zu zerstören; das jedenfalls schrieb die Presse in den nachfolgenden Tagen. Es war das Lebenswerk von Lenz, das er im Lauf seiner Tätigkeit am humangenetischen Institut in Münster aufgebaut hatte. Diesem Archiv wurde laut Zeitungsmeldungen internationale Bedeutung zugeschrieben. Einiges haben wir in der Nacht mitgenommen, alles andere ist verbrannt. Uns ist es auch nicht in erster Linie darauf angekommen, das Archiv auszulagern, wir wollten es vorrangig zerstören, damit die Macht, die Weißkittel aus solchen Archiven ziehen, an einer Stelle gebrochen wird.
Bei der Durchsicht der Akten haben wir keine spektakulären Schweinereien aufgedeckt, wie sie etwa bei Stockenius der Fall gewesen ist. Das heißt allerdings nicht, daß hier solche nicht passieren, da unsere Auswahl nicht repräsentativ ist.
Wichtig für uns ist, von der Fixierung auf die Skandale wegzukommen. Sie gehören zwar zu diesem System und sind als solche auch zu denunzieren. Gleichzeitig haben die Skandale oft aber die Funktion, daß sich die kritischen Wissenschaftler und Mediziner dagegen abgrenzen können, um damit die Harmlosigkeit ihrer Arbeit zu dokumentieren und die Akzeptanz des sozial-politischen Konzepts der Humangenetik erhöhen.
Es ist vielmehr die alltägliche Normalität - das Erfassen und Aufarbeiten der Daten, das Einpflanzen des Selektionsgedankens in die Köpfe der Menschen -, die die Gefährlichkeit dieser Institute ausmacht.

Zu den Personen
1.) Widukind Lenz,
langjähriger Direktor des Humangenetischen Instituts in Münster, vor einiger Zeit von seinem Amt entpflichtet, aber noch weiter tätig in seinem Archiv, hoffentlich nur bis zum Tag der Vernichtung seines Lebenswerks. Er ist Anfang der 60er Jahre in Hamburg, wo er an der Kinderklinik des Unversitätskrankenhauses Eppendorf arbeitete, bekannt geworden durch die Arbeit an der Aufdeckung des Zusammenhangs zwischen kindlichen Mißbildungen und dem Schlafmitttel Contergan. Er gilt als Spezialist auf dem Gebiet frühkindlicher Schädigungen.
2.) Tünte,
Leiter der Humangenetischen Beratung in Münster, Spezialist für den Bereich Populations- und Sozialgenetik.
3.) O.v. Verschuer,
Studium der Medizin und Anthropologie u.a. bei Fritz Lenz (Vater von W. Lenz, Rassenhygieniker, der für ihn persönlich und beruflich eine große Bedeutung hatte) in München, bei Eugen Fischer in Freiburg (ab 1927, Gründer und Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik).
Bis 1935 Mitarbeiter in Fischers Institut. Begründet dort seinen wissenschaftlichen Ruf mit der Forschung an »Tuberkulösen Zwillingen«.
1933 Professor für Rassenhygiene und Erbbiologie.
1935-1942 Gründer und Direktor des Instituts für Erbbiologie und Rassenhygiene in Frankfurt. Schwerpunkt des Instituts: umfangreiche Zwillingsforschung, [19] Familienforschung, erbbiologische Bestandsaufnahme.
Eine der senkrecht startenden Assistenten an seinem Institut ist Mengele [20], dem Verschuer auch verbunden bleibt, nachdem Mengele in die SS überwechselt. Beide Judenhasser, beide wissenschaftliche Vertreter der Ausmerze.
Herausgabe eines »Leitfadens für Rassenhygiene« für die Nachwuchsschulung.
1942-1945 Nachfolger Fischers als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts. Vortragsreisen mit eher ideologischen Themen (Erbanlage als Schicksal und Aufgabe der Bevölkerungs- und Rassenhygiene in Europa, Erbanlage und Charakter. Verschuers Institut betreibt eine Außenstelle in Auschwitz. Leiter: Mengele).
Nach dem Krieg (1949 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Mainz) 1951 Direktor des Instituts für Humangenetik in Münster.

Erbberatung
Die allgemeine Verunsicheruung und Angst, die z.B. durch Skandale und deren Veröffentlichung hervorgerufen werden, lassen die Humangenetischen Beratungsstellen (HGB) zu einer scheinbar hilfreichen Einrichtung werden.
Die HGB kann dann die aufgeschreckten Ratsuchenden mit sachlichen Argumenten beruhigen, mit Prozentzahlen und Verharmlosung der Schädigung von Umweltgiften und Medikamenten.
Auf Anfragen mit speziellem »Verdacht« wird immer mit Prozentzahlen geantwortet, zum Teil mit medizinischen Erläuterungen zur dominant rezessiven Vererbung, die das Ausgeliefertsein gegenüber den Risiken eher fördern als relativieren und damit verstärkte Unsicherheit produzieren. In der Beratung Tüntes wird fast immer entweder weitere Untersuchung und/oder Beobachtung nahegelegt oder im Falle der Schwangerschaft pränatale Diagnostik »empfohlen«, was ebenfalls die Unsicherheit verstärkt, die Angewiesenheit auf medizinische Einrichtungen unterstreicht, das totale Abhängigkeitsgefühl hervorruft. Die Verunsicherung treibt die Betroffenen in die Verfügungsgewalt der Mediziner und Genetiker, die dann ihrerseits mit Hilfe ihres medizinischen Apparates beruhigen.
Die Antwortschreiben auf die Anfragen der Ratsuchenden sind im väterlich fürsorglichen Ton geschrieben und suggerieren persönliche Anteilnahme und Betreuung nach dem Motto »in unserer Obhut sind Sie gut aufgehoben, wir untersuchen und erforschen genauestens, werden Ihnen eine objektive Antwort geben und das Beste für Sie herausfinden, worüber Sie frei entscheiden können.«
Es wird fast nie zur Abtreibung oder Kinderlosigkeit geraten. Aus dem Material geht hervor, daß es derzeit nicht primär um die Verhinderung von Behinderten geht, sondern um Stigmatisierung (Kriterien für normal-nicht noromal), um das Sammeln und Aufarbeiten von genetischen Daten, um die Verbreitung des Selektionsgedankens (»es ist möglich, Behinderung zu vermeiden«).
Oft wird den Ratsuchenden eine weitere Beobachtung angeboten oder Zusatzinformationen angefordert. Nach außen wirkt es wie eine unsystematische, zufällige Sammlerleidenschaft, nach innen wird archivert und erfaßt.
Eine besondere Bedeutung des Humangenetischen Instituts liegt in der Zentralisierung. Es scheint zum Selbstverständnis vieler Ärzte und Krankenhäuser zu gehören, daß sie »interessante Fälle« an das Humangenetische Institut schicken, damit diese aufgearbeitet werden.
Es gibt weitere Hinweise auf zentrale Datenerfassung. Sterilisationsempfehlungen bei bestimmten Krankheitsbildern - d.h. Zwangssterilisationen - sind die konsequente Folge dieser Wissenschaft.
Aus dem vorliegenden Material läßt sich insgesamt eine grundlegende These formulieren: Der individuelle »Genpool« wird verantwortlich gemacht für sogenannte Erkrankungen, Miß- und Fehlbildungen. Exogene [21] Schädigungswirkungen von Giften, Medikamenten, Strahleneinwirkungen werden verharmlost. Teilweise berechtigte Ängste von Frauen werden auf die individuelle Verantwortlichkeit hin kanalisiert. Hochgespielt wird die Verantwortung für ein fehlerfreies Leben, heruntergespielt dagegen die Auswirkungen von alltäglichen Katastrophen, d.h. von der Zerstörung der Natur und Umwelt bis zur HERRschenden Techno- und Pharma-Medizin.

Medikamente, Strahlen und Gifte
Aus den Antwortschreiben von Lenz geht die Verharmlosung von Drogen, Tabletten, Strahlen etc. hervor, gegenüber dem »schwerwiegenderen« Problem des Alkoholismus. Seiner Ansicht nach gilt für Mutationen, daß der Einfluß des Lebensalters weitaus größer ist als der von erheblichen Strahlenmengen. Auch eine Chemotherapie ist unbedeutend.
Diese Strategien der Verharmlosung, deren sich die Herren Humangenetiker bedienen, basieren immer auf der Beweisführung der Betroffenen. Kein Pharmaproduzent muß die nicht-schädigende Wirkung seines Medikamentes beweisen, bevor es auf dem Markt kommt. Erst die Erfahrungen in der Praxis - also die reinen Menschenversuche - bringen den Beweis für schädigende oder nicht-schädigende Wirkung auf den Menschen, den Fötus. An diesem Prinzip hält sich auch der Lenz. Liegen ihm keine größeren Untersuchungsreihen über eine Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft und der Vergleich mit Neugeborenen vor, oder hat es bisher keine ihn hellhörig machenden Rückmeldungen aus den Krankenhäusern bzw. Kinderkliniken, die einen Verdacht der Korrelation von Behinderung und spezifischem Medikament aufkommen lassen, gegeben, stellt er der Pharmaindustrie Unbedenklichkeitsbescheinigungen aus. Ab und zu mit der Frage gekoppelt, allerdings nur an die Kollegen in den Krankenhäusern, ob noch weitere Fälle bzgl. dieses Präparates bekannt sind.
Wenn ein Medikament wie z.B. Reparil schon jahrzehntelang in der Schwangerschaft verabreicht wurde »ohne daß jemals der Verdacht einer teratogenen (zur Fehlbildung führenden) Wirkung aufgetaucht ist«, kann das verschiedene Gründe haben, aber es ist nicht der Beweis, daß das Medikament keine teratogene Wirkung hat. Kein Verdacht bedeutet nicht den Ausschluß. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen liegen vollkommen im Interesse der Pharma-Industrie, mit denen er regen Kontakt pflegt, wie weiter unten dokumentiert. Zynisch klingen auch seine Antworten auf Nachfragen nach den Hinweisen entsprechender Beipackzettel der Medikamente: »... darf während der Schwangerschaft nicht verabreicht werden« oder andere warnende Hinweise: Sie dienen allein dazu, die Firmen »vor sinnlosen Prozessen zu schützen« oder ähnlich von ihm formuliert.
Die Unbedenklichkeit gegenüber Medikamenten begründet Lenz mit dem unverfrorenen Vergleich »anderer Substanzen unserer natürlichen und künstlichen Umwelt, [...] die wir ohne es zu wissen aufnehmen«. Absolut abwieglerisch wird Lenz zum Thema »Dioxin«. Seine Korrespondenz mit Boehringer Ingelheim, die in ihm einen Verbündeten gegen die »Verunglimpfung« von Dioxin-Gift gefunden haben, verdeutlicht seine guten Kontakte zur Pharmaindustrie und das Interesse, sein Wissen, sein Fachansehen auch in ihren Dienst zu stellen.
Auch Schering pflegt den Kontakt zur Humangenetik.
Die Loyalität gegenüber Industrie und HERRschender Medizin ist absolut durchgängig.
Die sprachliche Zurückhaltung von Lenz, auch mit dem Umgang der Amniozentese [22], ist der Tatsache geschuldet, daß er einer Generation entstammt, die durch den Nationalsozialismus behaftet ist. Von der Berührung mit sozialer Eugenik sind seine Beratungen weiter entfernt als dies bei seiner Instituts-Nachfolgegeneration der Fall ist; Tünte spricht hier eine deutlichere Sprache.

Sozialgenetik
1971 wird an die Deutsche Forschunggesellschaft (DFG) ein Förderungsantrag »Genetische Erhebung« gestellt, aus dem hervorgeht, daß Tünte die »Sozialgenetik« als neue Fachdisziplin vorantreiben will. In Forschungsberichten, die 1975 als Jahresbericht an die Deutsche Forschungsgesellschaft gehen, wird dieses Vorhaben konkretisiert.
Ziel dieser Forschung ist es, die »sozialen Dimensionen genetischer Erkrankung sichtbar und meßbar zu machen, um ein umfassendes Konzept zur Intensivierung der genetischen Beratung zu entwickeln, in dem neben den genetischen Fragen auch die sozialen und psychologischen Aspekte Berücksichtigung finden:« Daraus erwächst die Möglichkeit, nicht norm-gerechtes Verhalten als Krankheit zu definieren und möglichst breit zu erfassen. Als Arbeitsbegriff für Behinderung gilt »die Einschränkung in Bezug auf eine oder mehrere Aktivitäten, welche in Übereinstimmung mit dem Alter, Geschlecht und der sozialen Rolle der jeweiligen Person, als die allgemein wesentlichen und grundlegenden Bestandteile des Alltagslebens angesehen werden.« Die von der »Leistungsgesellschaft« an den einzelnen gestellten Anforderungen sind der Maßstab für normgerechtes Verhalten.
Der soziale Anspruch, mit dem Tünte seinen Forschungsapparat zu legitimieren versucht - nämlich die Umweltbedingung an Behinderung durch Vorurteile und Stigmatisierung aufzudecken - entlarvt sich in seinen eigenen Schlußfolgerungen: »Soziale Strukturen beeinflussen die Manifestation der zu Nüftluxation disponenten Erbanlagen, wenn z.B. infolge ärmlicher Lebensbedingungen eine rechtzeitige Diagnose und eine optimale Behandlung unterbleiben.« ...«die Frage der gesellschaftlichen Belastung durch Erbkrankheiten ist für die Sozialgenetik von zentraler Bedeutung.« Natürlich hebt Tüne hervor, daß Sozialgenetik eine wertfreie Wissenschaft ist und grenzt sie als solche gegen die Eugenik ab. Wenn er aber die gesellschaftliche und finanzielle Belastung von Erbkrankheit ins Spiel bringt - im Zusammenhang mit Überlegungen der Kosten-Nutzen-Analyse - wird die Sprache deutlich.
Aufschlußreich schien uns die Art der Datenerhebung für seine Untersuchungen. Einerseits griff er auf das Genetikregister des Instituts zurück, andererseits ermittelte er über das Einwohnermeldeamt nicht betroffene Vergleichspersonen. Die Ergebnisse wurden computergerecht aufgearbeit. Das Ganze ist mehr als zwölf Jahre her, wird von ihm selbst als Anfang einer neuen Forschungsrichtung bezeichnet.

Historisch aber immer noch aktuell
Zum Schluß begeben wir uns in die Geschichte des Nationalsozialismus. Aus dem Inhalt einer historischen Akte zu den Vortragsreisen Verschuers im Jahre 1939-1944 ist uns ein Vortrag vor Verwaltungsleitern der Heil- und Pflegeanstalten in Berlin 1939 zu veröffentlichen wichtig. Hier geht es um die Einbindung der Krankenhäuser in die Erfassung von Zwangssterilisationen. Ein für die heutige Zeit aktuelles Thema, wo die Datenerfassung in den Krankenhäusern stark zunimmt - von Krebsregistern über die Diagnostikstatistik bis zur integrierten Datenverarbeitung.
* Damals wie heute wurden und werden sogenannte Behinderungen in der Krankenakte festgehalten, auch wenn der Krankenhausaufenthalt damit nichts zu tun hat, und Krankengeschichten werden obligatorisch registriert.
* Damals wie heute gab und gibt es die Diskussion, jeden Arzt in das System der Rassenhygiene bzw. humangenetischen Beratung einzubeziehen.
* Damals wie heute stellte und stellt sich die Frage nach der notwendigen Ausbildung im Fach Rassenhygiene bzw. Humangenetik, selbst für die Lehrerausbildung.
* Mit der Einrichtung der Erbkarteien sollte eine »gesundheitliche Bestandsaufnahme unseres Volkes angestrebt« werden. Angestrebt wird heute eine gesundheitliche Bestandsaufnahme der Bevölkerung, eine möglichst flächendeckende Erfassung und Registrierung der Menschen durch medizinische Institutionen, Karteien und Register, damit die qualitative Kontrolle des »Bevölkerungsmaterials« gewährleistet ist und bevölkerungsmanipulierende Maßnahmen ergriffen werden können.
* Damals wie heute gab und gibt es gleiche Methoden und Vorgehensweisen der Erforschung: Familienforschung und Statistik, Zwilllingsforschung und empirische Erbprognose. Heute hinzugekommen sind die biotechnischen Möglichkeiten der Chromosomen- und Genuntersuchungen und daran gekoppelt die EDV-mäßige statistische Verarbeitung.
* Das Objektverhältnis gegenüber menschlichem Leben generell äußerte sich gegenüber den Frauen als Objekt der Forschung und Mittel der Umsetzung quantitativer und qualitativer Bevölkerungspolitik besonders in dem Interesse, die Fruchtbarkeit der sogenannten wertvollen Frauen optimal auszubeuten.

Das »Leid der Kinderlosigkeit« war immer schon Anknüpfungspunkt für die Durchsetzung von HERRschaftsinteressen.
Parallelen und Ähnlichkeiten von Struktur und Ideologie damals wie heute könnten weiter fortgeführt werden, aber uns reichts!
Auffällig ist natürlich die vorsichtige Formulierung in heutigen Konzepten. Es ist nicht direkt von der Verantwortung der/des Einzelnen der Volksgemeinschaft gegenüber die Rede, sondern eher vom Leid des Individuums und der Verantwortung sich selbst gegenüber, obwohl ab und zu auch schärfere Töne zu vernehmen sind. Man spricht nicht von Ausmerze und Zwangsmaßnahme, sondern ist bemüht um die Propaganda des Prinzips der Freiwilligkeit.
Wir denken, daß die dokumentierten Vergleiche an Deutlichkeit keinen Zweifel lassen.

Rote Zora




Anschlag gegen die Gesellschaft für biotechnologische Forschung, Braunschweig (September 86)

Kampf dem imperialistisch-patriarchalen Normalzustand
Für eine materialistische Analyse und Strategiebestimmung der Befreiung der Frau sind in neuerer Zeit verschiedene, teilweise kontroverse Ansätze in der Diskussion. Gemeinsam ist ihnen die Erkenntnis, daß die unbezahlte Reproduktionsarbeit der Frau eine materielle Voraussetzung der kapitalistischen Produktion ist, ebenso wie die nur partiell bezahlte Lohnarbeit.
Das Bewußtsein der Durchdringung sämtlicher Lebensbereiche durch das Kapital - nicht nur des Produktionsbereiches - schafft die Notwendigkeit und auch die Möglichkeit einer umfassenden, alle Lebensbereiche verändernden Revolutionierung der Verhältnisse. Das ist eine Chance für uns Frauen, aus den festgeschriebenen Rollenstrukturen herauszukommen und in das gesellschaftliche Leben einzugreifen und seine Richtung zu beeinflussen - und das nicht nur in der Vorstellung, sondern in der Tat und als selbstverantwortliches Handeln. Das bedeutet die Entwicklung unserer Identität und die Entfaltung unserer (auch ungeahnter) Kräfte.
Die Erfahrung der eigenen Unterdrückung und Ausbeutung als Frauen und die Solidarität mit den Menschen der sog. 3. Welt durch das Wissen um die Machenschaften des Imperialismus - d.h. die tägliche Feststellung, daß unsere Lebensvorstellungen und sozialen Bedürfnisse in Konfrontation zu den Warenbeziehungen des Kapitals stehen - ist der Motor für unser befreiendes Handeln.
Diese Erfahrung beruht nicht nur auf unserer subjektiven Wahrnehmung, sondern hat ihre materialistische Grundlage in der Notwendigkeit des Kapitals, für seine Akkumulation alle Tätigkeiten, Lebensäußerungen und Lebensgrundlagen des Menschen zur Ware zu machen und sie letztendlich zu zerstören.
In diesem Argumentationszusammenhang steht für uns die Gen-Technologie. Wir sehen hier besonders die Tatsache, daß sämtliche lebendigen Prozesse von Tieren, Pflanzen und Menschen vom Kapital einverleibt und verwendet werden.
Die Bio-Technologie hat für das Kapital strategischen Wert, um auf technologisch erhöhter, profitträchtiger Stufe die Akkumulationskrise zu überwinden. Das gilt besonders für die Bereiche: Genetische Manipulation in der Landwirtschaft, in der Pharma-Industrie, in der militärischen Nutzung und in den bevölkerungspolitischen Maßnahmen. Zu diesen Themen gibt es mittlerweile ausführliche Informationen und Diskussionen im gesamten Spektrum der Frauenbewegung.
Eine wesentliche Einrichtung für diese Technologie ist die Gesellschaft für biotechnologische Forschung mbH (GBF) in Braunschweig-Stöckheim. Die GBF ging aus der 1976 von der Stiftung Volkswagenwerk gegründeten Gesellschaft für Molekularbiologische Forschung (GMBF) hervor. Sie wird zum nationalen Zentrum der biotechnologischen Forschung ausgebaut, das alle wesentlichen Bereiche der Biotechnologie umfaßt. Hierbei stellt der Staat die Gelder für die Grundlagenforschung in der Bio- und Gentechnologie bereit.
Die GBF wird im Verhältnis 90:10 vom Bund (BWFT) und dem Land Niedersachsen finanziert. Außerdem beteiligt sich die Industrie finanziell an einigen Forschungsprojekten.
So wurden beispielsweise von der Firma Degussa (Frankfurt) Gelder u.a. für die Methodenentwicklung durch den neuen Enzymmembranreaktor zur technischen Gewinnung von Aminosäuren bereitgestellt. Die Aminosäuren sind ein ganz wichtiger Produktionsbereich der Biotechnologie und haben in vielen Bereichen einen hohen Markt- und Stellenwert z.B. als Zusatz zu Futtermitteln und in der Medizin.
Die sog. Partnereinrichtungen, z.B. die Kernforschungsanlage Jülich, Schering, Höchst und Fraunhofer-Institut und die Berater- und Linzenzverträge mit 40 nationalen und internationalen Firmen weisen auf eine erfolgreiche Kooperation mit der Industrie hin. Die GBF schafft die baulichen und technischen Voraussetzungen für die industrielle Umsetzung der Biotechnologie.
Sie schreibt eine menschenfreundliche Arzneimittelproduktion auf ihre Fahnen, um diese neuen Technologien akzeptabel zu machen und zu verkaufen. Es geht ihnen nicht darum, die Ursachen von Krankheiten und Umweltzerstörung zu beheben, sondern diese als Markt im Sinne des Profits auszunutzen. So sind sie dabei, eine Gen-Maschine zu entwickeln, mit der das synthetische Gen zur Produktion von ß-Interferon hergestellt werden soll. Auf diese Weise können sie massenhafter ß-Interferon produzieren, als es mit natürlichen Genen möglich ist.
(Interferone zeichnen sich durch ihre Schutzwirkung auf menschliche Zellen gegen Viren aus, und gleichzeitig wirken sie auch wachstumshemmend auf Gewebekulturzellen, besonders auf Tumorzellen). Durch diese internationale Entwicklung der Erbsubstanz (DNR-Synthese) kommt es zu einer immer schnelleren Verfügbarkeit künstlicher Gene und findet eine zunehmende Anwendung dieser Gene in der Gentechnologie statt.
Damit wird die Arbeit der GBF auf diesem Gebiet und ihre nationale und internationale Bedeutung besonders deutlich. Diese herausragende Bedeutung, die die GBF für die gegenwärtige industrielle Anwendung der Bio- und Gentechnologie hat, ist der Grund, warum wir in der Nacht von Samstag, 20.9.86, auf Sonntag einen Sprengstoffanschlag bei der Gesellschaft für biotechnologische Forschung mbH Braunschweig gemacht haben.
Es ist genug!
Für eine radikale Frauenbefreiungsbewegung!
Für die Zerschlagung des patriarchalen Imperialismus!





Anschlag gegen Adler (Juni 87)

»Leben mit Qualität«
Das ist der Verkaufsslogan der Adler Bekleidungs-GmbH.
Wessen Leben, was für eine Qualität?

Frauenstreik in Südkorea
Ort des Geschehens: die Textilfabrik Flair Fashion der bundesdeutschen Adler [23] Bekleidungs-GmbH in der südkoreanischen Freihandelszone Iri.
Anfang April traten dort 1.600 Beschäftigte (ca. 90 % Frauen) in einen 9 Tage andauernden Streik für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Die deutsche Firmenleitung von Adler setzte daraufhin Militärpolizei und private Schlägertrupps gegen die streikenden Frauen ein. Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen, 13 Wortführer/innen wurden fristlos entlassen (ihre Namen stehen jetzt auf »schwarzen Listen« der Polizei, d.h. daß sie im ganzen Land keine Arbeit mehr bekommen werden), 69 Arbeiterinnen wurden verhaftet.
Seit 1978 läßt der Adler-Konzern einen Großteil seiner Produktion in südostasiatischen freien Produktionszonen (u.a. auch in Sri Lanka) unter den miesesten Bedingungen für die dort arbeitenden Frauen und natürlich mit maximalen Gewinnen (allein 1985: 25 Millionen DM) herstellen.
Für die Frauen bei Flair Fashion bedeutet das:
- Arbeit bis zu 12 Stunden täglich
- 6-Tage-Woche, manchmal auch sonntags
- Zwang zu unbezahlten Überstunden
- Stundenlohn von 0,35 bis 0,80 DM, was weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn von DM 450,- liegt
- dauernde Zeitmessungen zur optimalen Leistungssteigerung
- häufige Arbeitsunfälle, bei denen die Firma den Frauen keinerlei finanzielle Absicherung gewährleistet
- erniedrigende Leibesvisitationen beim Verlassen der Fabrik.
Die Lohnsklaverei basiert auf sexistischer und rassistischer Ausbeutung von Frauen: nur sexuelle Beziehungen zu deutschen Vorarbeitern sichern ihnen kleine Verbesserungen. Mit patriarchalem Gestus und nach weißer Herrenrasse-Manier äußert sich der Firmenchef Fürchtegott Adler: »Ohne die schwarzhaarigen, mandeläugigen Koreanerinnen wäre der steile Aufstieg des Adler-Unternehmens kaum möglich gewesen«, und lobt ihre Lernfähigkeit in deutschem Volksgut, das sie bei den Firmenveranstaltungen zur Schau stellen müssen.
In Übereinkunft mit 22 anderen BRD-Konzernen sowie japanischen und US-amerikanischen Unternehmen nutzt Adler das überaus »günstige Investitionsklima« und das »fantastische Lohnniveau« in Südkorea und anderen Ländern der 3 Kontinente, um seine Profite zu sichern.
Eine Krisenlösungsstrategie des Kapitals in den 70er Jahren lag in der »Auslagerung« von sog. arbeitsintensiven Fertigungen oder Teilfertigungen. Das betraf hauptsächlich die Bekleidungs- und Schuhindustrie, Teilproduktionen für den Maschinenbau, die Produktion von Elektrogeräten und Mikrochips. Tausende von Arbeiterinnen wurden hier in der BRD entlassen.
Der brüchig gewordene Klassenfrieden in den Metropolen wird aufrecht erhalten durch billige Konsumangebote auf Kosten der Menschen in den 3 Kontinenten.
Diese Menschen werden befriedet und eingepaßt in die Entfremdung der kapitalistischen Waren- und Freizeitgesellschaft. Auch dafür bietet Adler ein hervorragendes Angebot für die »Große Adler-Familie«: im firmeneigenen Blatt gibt es einen Service für sogenannte Club-Mitglieder:
- organisierter Urlaub in über 100 angemieteten Hotels
- Kaufanreize über Rabatt-Karten
- »intelligente Problemlösungen« bei Schlüsselverlust oder Gewichtsproblemen
- sowie eine Südafrika-Reise unter dem Motto »Afrika, wir kommen«, ganz in rassistischer kolonialer Tradition.
Selbst dem Sozialhilfeempfänger hier soll vermittelt werden, für ein paar Mark noch bunte modische Waren kaufen zu können und zusätzlich das Gefühl, noch seinen Platz in der Konsumgesellschaft zu haben.
In den 30 Verkaufsstätten und Dienstleistungsbetrieben der Firma Adler in der BRD arbeiten hauptsächlich Frauen in individualisierenden Arbeitsverhältnissen: d.h. befristete Arbeitsverhältnisse, Arbeit auf Abruf, KAPOVAZ (kapazitätsorientierte, variable Arbeitszeit) oder Arbeitsverhältnissen unterhalb der 430,- Mark- Grenze.

In der BRD sind ein Drittel aller Frauen erwerbstätig. Sie begeben sich nicht in Lohnarbeitsverhältnisse, um sich persönlich zu entfalten, sich zu emanzipieren oder der häuslichen Isolation zu entkommen, sondern nehmen die doppelte Ausbeutung als Haus- und Lohnarbeiterin auf sich, weil sie schlicht und einfach das Geld brauchen, um leben zu können.
Entweder sind sie unverheiratet, ohne Mann, der sie »miternähren« könnte, oder der Familienlohn des Mannes reicht nicht aus. Eine Zunahme von Lohnarbeitsplätzen für Frauen in den letzten Jahren geht einher mit einer zunehmenden Verdrängung von Frauen aus garantierten Arbeitsverhältnissen. Junge, bisher nicht im Lohnarbeitsverhältnis stehende Frauen oder arbeitslos gemeldete Frauen werden verstärkt in den Produktionsprozeß einbezogen, während gleichzeitig ältere, schon »verbrauchte« Frauen ausgesondert werden und in die entgarantierten Arbeitsverhältnisse abgedrängt werden.
Nach ungefähren Schätzungen arbeiteten 1979 eine Million Frauen in versicherungsfreien Jobs.
Obwohl sich auch in den Metropolen die Lebensbedingungen verschärfen, dürfen wir einen entscheidenden Punkt auf keinen Fall außer Acht lassen:
Unsere Privilegien, wovon der Konsum eines ist, beruhen auf der Ausbeutung, Verwertung und Vernichtung der Menschen der 3 Kontinente. Der Konsum wird uns als Ersatz für »Leben« untergeschoben.
Die jeweiligen nationalen Regierungen warben/werben bei westlichen Multis mit den »flinken Händen« und der »Unterwürfigkeit« ihrer Frauen und bieten ihnen - insbesondere in den sog. freien Produktionszonen - die Vorteile von Steuerfreiheit und unbeschränktem Geldtransfer. In diesen Fabriken arbeiten fast ausschließlich Frauen.
Durch Zerstörung der Subsistenzwirtschaft werden immer mehr Menschen gezwungen, ihr Land zu verlassen und in die großen Städte umzusiedeln. Jungen Frauen bleiben meist nur zwei Möglichkeiten, ihr Überleben und das ihrer Familienmitglieder zu sichern: die der Prostitution, d.h. ihren Körper z.B. den 40.000 in Südkorea stationierten GIs oder den unzähligen abenteuerhungrigen Männern aus imperialistischen Ländern zu verkaufen oder sich in Weltmarktfabriken zu Hungerlöhnen ausbeuten und kaputtmachen zu lassen. In der Regel werden sie im Alter von 25 Jahren rausgeschmissen, weil sie nicht mehr profitabel sind.
Die von den USA wirtschaftlich und militärisch gestützte Diktatur in Südkorea setzt alles daran, das Land zum industriellen Schwellenland für die Investitionen der westlichen Multis hoffähig zu machen. Gegen die wachsende Opposition im Land geht sie mit brutalen Mitteln ihres Repressionsapparates vor.
Die Proteste gehen aus von Studenten, die ihren Kampf antikapitalistisch, antiimperialistisch und nationalistisch verstehen, von zunehmender Organisierung in den Betrieben, von Menschen, die die Erinnerung an den niedergemetzelten Volksaufstand (bewaffenter Aufstand in Kwangju von 1980) wachhalten, sowie den Slumbewohnern, die sich gegen Zwangsumsiedlung zwecks Stadtverschönerung aus Anlaß des internationalen Olympia-Spektakels 1988 in Seoul zur Wehr setzen.

Der Kampf der Frauen bei Adler zieht einen Strich durch die Rechnung von der »Großen Adler-Familie«:
»Wir sind wütend, daß ein Unternehmen aus einem der reichsten Länder der Welt mit solcher Brutalität auf unsere Forderungen reagiert ...« schreiben die streikenden Frauen in einem Flugblatt.
Trotz Versammlungs- und Streikverbot haben sie sich in dem ebenfalls verbotenen freien Gewerkschaftsverband »Korea Democracy Labour Movement« organisiert, kämpfen sie für das Recht auf Vollversammlung in der Fabrik und für die Verwirklichung der fundamentalsten Menschenrechte und treffen sich, um die weiteren Schritte ihres Kampfes zu bestimmen.
Die Androhung der Verlegung der Produktionsstätte in ein anderes Land nützte Adler nichts. Die kollektive Kampferfahrung von Frauen setzt sich über nationale Grenzen hinweg!

In Solidarität mit den kämpfenden Frauen bei Adler in Südkorea haben wir in der Nacht zum 21.6.87 in der Hauptverwaltung des Adler-Konzern in Haibach bei Aschaffenburg eine Bombe gelegt, mit der Absicht, einen Teil ihres Verwaltungsapparates zu zerstören.
Die kapitalistische Akkumulation macht alle menschlichen Tätigkeiten, Lebensäußerungen und materiellen Lebensgrundlagen zur Ware. Auch wenn dieser Entfremdung- und Individualisierungsprozeß fortschreitet, so können wir wenigstens mit der Mode gehen.
Die Verantwortlichen sitzen hier!
Die geschlechtliche Arbeitsteilung und Ausbeutung und die Gewalt gegen Frauen ist Bestandteil des patriarchalen Herrschaftssystems, ohne das der Imperialismus in den 3 Kontinten und hier nicht begriffen werden kann.
Wir sehen unseren Kampf hier nicht losgelöst von den Verhältnissen, die der Imperialismus in den 3 Kontineten bewirkt, sondern als konkreten, praktischen Anti-Imperialismus, indem wir versuchen den reibungslosen Ablauf der Kapitalstrategien hier zu behindern, in Solidarität mit allen Kämpfen gegen Ausbeutung und Unterdrückung.
Für eine starke internationale Frauenbefreiungsbewegung!
Kampf dem imperialistisch-patriarchalen System!

Diesem Anschlag auf die Adler-Hauptverwaltung in Haibach folgten am 15.08.87 zeitgleich Anschläge auf die Adler-Filialen in Halstenbeck, Bremen, Oldenburg, Isernhagen, Kassel, Holzwickede, Neuss, Frankfurt und Aachen.





Anschlag auf das biotechnische Institut an der TU Berlin
(Februar 88)

Es lebe der internationale revolutionäre Frauenkampf!
Die Frauenbewegung hat durch Informationen und Aktionen deutlich gemacht, daß die Bio- und Gentechnologie pures Herrschaftsmittel ist.
Sie ist:
- verschärfter sexistischer Angriff auf Frauen (Bevölkerungspolitik)
- rassistische Selektion für imperialistische ökonomische Vernutzung
- biologisch organisierte gigantische Vernichtung von Menschen, Pflanzen und Tieren (»Grüne Revolution«) im Dienste des Profits
- ungeheure Profite fürs Kapital, insbesondere im Bereich von Pharma- und Lebensmittelindustrie.
Das gewaltige Engagement der Öl- und Chemie-Multis (Hoechst, BASF, Bayer, Schering, Sandoz, Ciba Geigy) für Forschung und Entwicklung der Bio- und Gentechnologie ist logisch, da diese Technologie zusammen mit der Mikroelektronik das profitabelste Zukunftsprojekt fürs internationale Kapital ist. Bezeichnend ist, daß die vier hier existierenden Gen-Zentren wesentlich von den BRD-Konzernen mitfinanziert werden und die dortigen Forschungsvorhaben unter der Voraussetzung stattfinden, daß sie transnational sind und eine Beteiligung der Industrie ermöglichen.
Durch die staatlich finanzierte Grundlagenforschung mit dem Schwerpunkt »Anwendungsorientierung« hat die BRD mittlerweile ihren Rückstand in der Technologie gegenüber USA und Japan aufgeholt und ist nun führend in Europa. Geforscht wird - außer an den vier Genzentren - in fünf Großforschungsanlagen (Gesellschaft für biotechnologische Forschung mbH Braunschweig, Kernforschungsanlagen Jülich und Karlsruhe, Krebsforschungszentrum Heidelberg, Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung) an 10 Max-Planck-Instituten und an 34 Universitäten.
Gezielte vom BMFT (Bundesministerium für Forschung und Technik) und den Ländern finanzierte Programme (»Förderung technologisch orientierter Unternehmensgründung T.U.-Modellversuch Biotechnologie/Technologieparks«) sollen den Konzernen auf die Sprünge helfen und die industrielle Verwertung der Technologie vorantreiben. Die Bio- und Gentechnologie spielt auch in der imperialistischen Formierung und Vereinheitlichung Westeuropas eine bedeutende Rolle:
- Schwerpunkt im EUREKA [24]-Programm, neben Informationstechnik und Weltraumforschung
- Forschungsaktionsprogramm der EG von 1985 bis 1989
- Finanzierung des Europäischen Laboratoriums für Molekular-Biologie (EMBL) in Heidelberg, bei der die BRD den größten Anteil hat.
Die staatliche Erstellung von Sicherheitsbestimmungen oder die Einrichtung einer Gentechnik-Enquetekommission haben nur Legitimationscharakter und tragen letztendlich dazu bei, die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Technologie zu erreichen. So wird aktuell auf Regierungsebene die Ausdehnung des Patentgesetzes »diskutiert«, wonach demnächst - insbesondere von der Chemie-Industrie gefordert - gentechnisch manipulierte Pflanzen und Tiere in den Besitz der Konzerne gehen werden und für deren industrielle Vermarktung freigegeben sind.
Einen Eindruck von der zynischen, mensch- und naturverachtenden Arbeit der Genforscher vermittelt das jüngst bekannt gewordene Beispiel aus Argentinien, wo ein in den USA gentechnisch hergestellter Virus an Kühen ausprobiert wurde, unter gezielter Einbeziehung von Menschen in das Experiment.
Gegen die »Zukunfts«absichten der Imperialisten mit dieser Technologie organisieren Frauen einen entschiedenen radikalen Widerstand auf allen Ebenen:
- der öffentlichen Information, der Anprangerung von Grundlagenforschung, Instituten und Personen, die an der Bio- und Gentechnologie beteiligt sind,
- sowie der militanten Sabotage und Verhinderung dieser Technologie, die sich als notwendige und wertvolle Bestandteile unserer Politik gegenseitig ergänzen und bereichern.
Gegen die Verwertung von Frauenarbeit und Frauenkörpern hat weltweit der Frauenwiderstand zugenommen: in Südafrika, El Salvador, Südkorea, Palästina ... wird der revolutionäre Kampf wesentlich von Frauen getragen. Der revolutionäre Kampf ist Realität und Gefahr für die Herrschenden. Hier versuchen Frauen nicht nur im Bereich der Gentechnologie, sondern auch gegen Frauenhandel/ Gewalt gegen Frauen und imperialistische Auspressung von Frauenarbeit, ihre Erkenntnisse in einer feministischen, internationalistischen revolutionären Praxis zu verwirklichen.
Wir haben schon öfter betont, daß wir unseren Kampf als praktischen Internationalismus begreifen.
Trotz Repression und Verfolgung, [25] wodurch die Herrschenden mit allen Mitteln versuchen, den Frauenwiderstand zu verhindern - Es gibt für uns nichts zurückzunehmen!
Es gibt für uns nur die Entscheidung für ein befreites Leben, d.h. Widerstand gegen die patriarchale imperialistische Herrschaft.
Deshalb haben wir am 27. Februar 1988 vor der bevorstehenden Einweihung des Bio-Zentrums dort eine Bombe gelegt!




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