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Auf die Strasse, Tage des Zorns

Aus:
Woher der Wind weht, Seite 39-57

Von Ron Jacobs

»die einzigen nicht rassistischen Weißen der USA«. Sie seien die wahren Revolutionäre und bereit, ihr Leben im Kampf gegen die Polizei von Chicago aufs Spiel zu setzen. Im selben Park hatten sich zwei Wochen zuvor einige tausend Aktivisten nach einer Demonstration gegen den Prozeß der »Chicago 8« eine Schlacht mit der Polizei geliefert. Drei der »Chicago 8« – der Yippie Abbie Hoffman, der Kriegsgegner John Froines und der ehemalige Vorsitzende des SDS, Tom Hayden – befanden sich in dieser Nacht unter den Demonstranten. Hayden ergriff als einziger das Wort: »Wir freuen uns, wieder Leute im Lincoln Park zu sehen. Wir freuen uns zu sehen, daß sich der Grad der Militanz erhöht hat«.[27] Hoffman und Froines lehnten es ab, vor den Leuten zu reden. Nach Haydens kurzer Ansprache verschwanden alle drei. Trotz des enttäuschenden Verlaufs der Kundgebung war die Menge entschlossen, sich der revolutionären Linie von Weatherman anzuschließen. Nach ein bis zwei Stunden schien es, als seien »für die meisten die letzten Zweifel ausgeräumt«.[28]
Als dann das Code-Wort »Marion Delgado « fiel, waren alle zum Angriff bereit. (Delgado war ein fünfjähriger Chicano, der in Alameda County, Kalifornien, einen Zug zum Entgleisen gebracht hatte. Sein Name hatte für Weatherman einen augenzwinkernd mythischen Klang.) Weather rannte laut schreiend und Sprechchöre rufend durch die Straßen von Chicago in Richtung der »Gold Coast«, wie die reichen Viertel der Stadt genannt wurden, und erwischte die Polizei auf dem falschen Fuß. »Fenster wurden eingeschlagen...«, erinnerte sich Shin’ya Ono. »Kleine Gruppen von zehn, fünfzehn Pigs, die auf Streife waren, wurden überrumpelt. Sie waren gegen die vorpreschende Menge völlig machtlos. Einige Pigs wurden überwältigt und mußten erheblich einstecken. Innerhalb weniger Minuten verloren wir alle Ängste und Zweifel, die wir bis dahin noch hatten ... Jeder von uns spürte den Kämpfer in sich.«[29]
Etwa zwanzig Minuten später und acht Blocks vom Ausgangspunkt der Ausschreitungen entfernt, hatte sich die Polizei gesammelt und startete ihren Gegenangriff. Rücksichtslos ging sie gegen die Männer und Frauen vor und setzte Knüppel, Schlagstöcke, Tränengas und Schußwaffen ein. Die Gewalt, die Weatherman ausübte, richtete sich gegen die offensichtlichen und weniger offensichtlichen Stellvertreter der weltweiten Unterdrückung (etwa Banken und Niederlassungen von Großkonzernen), erschien aber oftmals doch weitgehend willkürlich und ungerichtet. Wahllos wurden beispielsweise Scheiben von Fahrzeugen und Wohnungen einworfen, und in einem Fall wurde ein Passant, der sein Auto schützen wollte, brutal verprügelt. Andererseits schoß ein Polizist einen Demonstranten, der einen anderen Beamten angegriffen und bewußtlos geschlagen hatte, in den Hals. Gegen 23.30 Uhr waren die Straßenkämpfe beendet und Weatherman weitgehend auseinandergejagt. Den Rest der Nacht versuchten die Militanten, zurück zu den einzelnen Aktionszentren zu gelangen, ohne verhaftet zu werden, während die Polizei ihre Patrouillen verstärkte. Ein Einwohner Chicagos beschrieb die Szene wie folgt: »Wo du auch hingingst, überall waren Polizisten zu sehen. Sie standen in Gruppen zu zweit oder zu dritt an jeder Straßenecke, zum Teil hatten sie auch Hunde dabei. Wenn du aus dem Bus gestiegen bist, konntest du ihre Blicke spüren, die dich bis ans Ende des Blocks verfolgt haben, wo dich dann die nächste Gruppe ins Blickfeld bekam. Die hatten alles unter Kontrolle.«[30]
Das Ergebnis dieser Nacht waren 75 Verhaftungen und zahlreiche Verletzte, darunter 21 Beamte und eine unbekannte Anzahl von Weatherman- Leuten und Schaulustigen. Mindestens drei Personen hatten Schußverletzungen durch die Polizei davongetragen. Am nächsten Morgen kümmerte sich Weather um die Verletzten und rekapitulierte die Ereignisse der letzten Nacht. Da die meisten Kollektive – aus Angst oder aus Erschöpfung – nicht bereit und willens waren, die Kritik

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Woher der Wind weht
Ron Jacobs
Eine Geschichte des Weather Underground
192 Seiten
1. Auflage 1999
ISBN: 3-89408-084-1
Preis: € 14.90   sFr 10 
(zzgl. Porto+Versand)
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