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Vorwort

Aus:
Die Erfindung der weissen Rasse, Seite 7-23

Von Jost Müller

Allein der Titel The Invention of the White Race, die »Erfindung der weißen Rasse«, machte hellhörig, als vor vier Jahren Theodore W. Allen den ersten einer auf zwei Bände angelegten historischen Studie über Rassismus, Kolonialsystem und Sklaverei im südlichen Teil der nordamerikanischen Ostküste vorgelegte. Erst wenige Jahre zuvor hatte in der Linken der BRD eine allerdings überfällige politische und theoretische Debatte über Rassismus begonnen, über seine staatlich-institutionelle Verankerung, seine impliziten wie expliziten Erscheinungsformen und seine dauerhafte Präsenz in der Alltagsideologie einer Gesellschaft, die sich zumindest offiziell unter dem perfiden Hinweis auf eine kaum nennenswerte Vergangenheit als überseeische Kolonialmacht (1884-1915) und auf die historische Überwindung des
NS-Rassenwahns vom Vorwurf des Rassismus freisprechen wollte.
Das Anwachsen faschistischer Wahl- und Stoßtrupparteien mit ihrer rassistischen Programmatik ließ solche Legitimationsmuster in den achtziger Jahren noch weitgehend unangetastet. Das Erschrecken aber über das Ausmaß rassistisch motivierter Übergriffe auf Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten zu Beginn der neunziger Jahre hat immerhin einige empfindlich gemacht für staatlich sanktionierte und konsensuell gedeckte Diskriminierungspraktiken, denen andere tagtäglich ausgesetzt sind. Plötzlich waren auch deren Stimmen für bundesrepublikanische Linke vernehmbar, und plötzlich war nicht mehr auszuschließen, daß es auch »schwarze Deutsche« oder »deutsche Schwarze« gibt.      
          Notgedrungen, weil Vergleichbares im deutschsprachigen Raum kaum auffindbar war, aber glücklicherweise, weil hier, um es gleich anzudeuten und ein scheinbar veraltetes Wort zu verwenden, ein wirklicher Erkenntnisfortschritt ermöglicht wurde, mußte auf theoretische Reflexionen und wissenschaftliche Forschungen vor allem aus Britannien, Frankreich und den USA Bezug genommen werden, sollte die Debatte über rassistische Unterdrückung überhaupt in Gang kommen.
Produktiv wurde in ihr die Erkenntnis, daß es sich bei dem, was der Begriff »Rasse« oder »Ethnie« bezeichnet, nicht um eine biologisch oder kulturell bestimmte Entität, sondern um eine soziale Konstruktion handelt, die die herrschaftlichen Praktiken der Ein- und Ausschließung von Individuen und gesellschaftlichen Gruppen regelt und historisch wie aktuell mit einem Bündel von soziologischen, somatischen, symbolischen und phantasmatischen Zuschreibungen angereichert ist.
Im Grundsatz nimmt auch Allens Studie Die Erfindung der weißen Rasse diese Definition auf, wobei allerdings der Hauptakzent seiner historischen Untersuchung auf dem sozialen Herrschaftsaspekt liegt.
          Zur Orientierung unterscheidet Allen für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in der US-amerikanischen Geschichtsschreibung über Rassismus und Sklaverei zwei grundlegende Ansätze, den psycho-kulturellen und den sozio-ökonomischen. 

                                             I.
Der erste Ansatz baut auf eine psycho-kulturelle Argumentationslinie, nach der die Entstehung der Sklaverei die unmittelbare Folge eines bereits ausgebildeten, vorkolonialen rassistischen Einstellungspotentials, eben einer psycho-kulturellen Disposition oder »Geisteshaltung« der englischen Kolonisatoren war. Allen nun kann in seiner Studie, vornehmlich im zweiten Band (The Origin of Racial Oppression in Anglo- America, 1997), unter einer Reihe von historischen Gesichtspunkten diesen Ansatz widerlegen. Dies gilt beispielsweise für die unterschiedliche Behandlung von »Indianern« und »Negern« unter der prinzipiellen Vorstellung einer Superiorität der Weißen, für die verschiedenen Vorgehensweisen der englischen Kolonisatoren in der Karibik und auf dem Festland gegenüber »Mulatten«, »freien Farbigen« und Plantagensklaven sowie für das Ereignis des gemeinsamen Aufstands von weißen Leibeigenen auf Zeit und schwarzen Sklaven als vererbbare »Leibeigene« auf Lebenszeit während der Phase der sogenannten Bacon-Rebellion von Mai 1676 bis Januar 1677 in Virginia, um nur drei Punkte zu nennen, die dieser Ansatz schließlich ignorieren muß.

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Die Erfindung der weissen Rasse
Theodor W. Allen
Rassistische Unterdrückung und soziale Kontrolle (Band 1)
340 Seiten
1. Auflage 1998
ISBN: 3-89408-078-7
Preis: € 24   sFr 46 
(zzgl. Porto+Versand)
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