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  Seite 3/7
Vorwort Erfindung der weißen Rasse

Aus:
Die Erfindung der weissen Rasse, Seite 7-23

Von Jost Müller

          Auch nach dem Verbot des Sklavenhandels und der Abschaffung der Sklaverei im 19. Jahrhundert bleibt das so formulierte Muster des herrschaftlichen Legitimationsdiskurses in Kraft. Am 21. Juli 1900 wenden sich 75 Siedlerkolonisatoren aus dem Bezirk Windhuk, Deutsch-Südwestafrika, in einem Gesuch an die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts der kaiserlichen Regierung, um gegen eine mögliche Abschaffung der Prügelstrafe zu protestieren, und deren Begründung lohnt sich ausführlich zu zitieren: »Die erste Vorbedingung für eine richtige Behandlung der Eingeborenen ist, daß man sich über ihre Lebensanschauung und ihren Gesichtskreis klar wird. Unsere Eingeborenen leben seit Urzeiten in Faulheit, Roheit und Stumpfsinn in den Tag hinein; je schmutziger sie sind, desto wohler fühlen sie sich. Für jeden Weißen, der unter Eingeborenen gelebt hat, ist es nicht gut möglich, dieselben als Menschen im europäischen Sinne anzusehen; sie müssen erst mit endloser Geduld, Strenge und Gerechtigkeit im Laufe der Jahrhunderte dazu erzogen werden. Für Milde und Nachsicht hat der Eingeborene auf Dauer kein Verständnis; er sieht nur Schwäche darin und wird infolgedessen anmaßend und frech gegen den Weißen, dem er doch nun einmal gehorchen lernen muß, denn er steht geistig und moralisch doch so tief unter ihm. Ehrgefühl darf man bei den Eingeborenen nicht suchen, weshalb auch entehrende Strafen für ihn zwecklos sind. Entziehung der Freiheit faßt er falsch auf, bekommt er doch bei Gefängnis seiner Meinung nach gute Wohnung und besseres Essen als er selbst hat. Als Strafe war ihm bisher nur körperliche Züchtigung bekannt, und die muß naturgemäß auch beibehalten werden, bis er in späteren Zeiten einmal mehr Mensch geworden ist. Wie die Erfahrung gelehrt hat, haben die in Südafrika geborenen Weißen ihre Eingeborenen zu den relativ brauchbarsten Arbeiten erzogen; sie kränkeln nicht an einer übertrieben humanen Auffassung, sondern geben ihren Eingeborenen bei Bedarf ihre verdiente Züchtigung. Der Eingeborene fühlt sich bei ihnen wohl und arbeitet gern bei ihnen.«
          Die Ansicht, daß es gerecht sei, unter Züchtigungen zur Arbeit getrieben zu werden, diese dann auch noch gerne zu tun und sich dabei wohlzufühlen, wird der Gezüchtigte kaum geteilt haben. Darauf verweisen die ungezählten Rebellionen und Aufstände wie etwa der Maji-Majiturellen Aufstand in Deutsch-Ostafrika (1905/06) und der Nama-und-Herero- Aufstand in Deutsch-Südwestafrika (1904-07), auf den die deutsche Kolonialarmee unter Generalleutnant von Trotha mit einer »Vernichtungsstrategie « gegen die Herero-Stämme antwortete, oder wie die bereits erwähnte Bacon-Rebellion und der Aufstand der Sklaven in der französischen Kolonie Saint-Domingue vom August 1791, der in einen veritablen Unabhängigkeitskrieg von über zehnjähriger Dauer mündete, in dem schließlich gegen den Versuch der napoleonischen Armee, innerhalb der Plantagenökonomie die Sklaverei wiederherzustellen, 1804 die Gleichheit aller vor dem Gesetz proklamiert sowie die Abschaffung der Sklaverei und die völkerrechtliche Souveränität des Staats Haiti durchgesetzt wurde. Das Bild vom demütig sein Schicksal ertragenden Sklaven gehört ebenso wie das vom gerechten, gar gütigen Herrn, der an »seinen Negern« lediglich eine zivilisatorische Mission erfüllt, zu den Legendenbildungen über Rassismus, Kolonialsystem und Sklaverei, die auf die Apologie der Herrschaft zugeschnitten sind; sie sind die sozialpazifizierte Kehrseite der Vorstellung vom immerwährenden »Rassenkampf«, wie sie der psycho-kulturelle Ansatz bereithält. Immerhin aber die selbstgesetzte zivilisatorische Mission, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln die »Erziehung zur Arbeit« zu bewerkstelligen, war und ist den Herrschenden uneingeschränkt abzunehmen, und gerade diese Mission hat sich dann auch in der bürgerlichen Geschichtsschreibung nachhaltig Geltung verschafft.

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Die Erfindung der weissen Rasse
Theodor W. Allen
Rassistische Unterdrückung und soziale Kontrolle (Band 1)
340 Seiten
1. Auflage 1998
ISBN: 3-89408-078-7
Preis: € 24   sFr 46 
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