19.2.2004
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«McKinsey kommt»
Rolf Hochhuth und das Missverständnis vom
«politischen» Theater: Ein Premierenbericht aus dem ostdeutschen
Brandenburg.
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Von Andreas Fanizadeh © Die Wochenzeitung, Zürich, 19.02.2004
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Aber was galt es hier «durchzustehen», ist Hochhuths jüngstes Werk die ganze Aufregung überhaupt wert? Wer sich für die künstlerische Seite des Theaterstücks interessiert, kann nur den Kopf schütteln. Der 73-jährige reiht ohne erkennbare literarische Finesse Zeitungsschnipsel aneinander. Sprache und Charaktere sind eindimensional. Ebenso der politische Gehalt: Die Gedanken zu «McKinsey kommt» stammen aus der widerspruchsfreien Zone. Schwarz/weiss. Oben, da sind bei Hochhuth die Bösen: zynische Täter, Manager, von Raffgier getrieben. Und unten, da sind die Lieben: betrogene Opfer, ArbeiterInnen, die ohne Arbeit nichts sind, die im Angesicht von Frührente oder Umschulung anstatt zur Kalaschnikow zum Wodka greifen. Bei der Brandenburger Uraufführung hat Hochhuth offensichtlich darüber gewacht, dass die Regie (Oliver Munk) nicht allzu sehr von der Vorlage abweicht. Damit war die einzige Chance vertan, aus «McKinsey kommt» etwas zu machen. Wer diesen Hochhuth nicht gegen Hochhuth spielt, landet bei rechtem Antikapitalismus, grossväterlichen Stammtischtiraden und ungewollt komischen Szenen. In holprig emphatischen Dialogen schwadroniert das Personal über Kapitalflucht und Steuertricks in Deutschland oder der Schweiz. Der Text ist für die sich noch ganz achtbar aus der Affäre ziehenden SchauspielerInnen eine Zumutung. Und die schöne Revolte findet bei Hochhuth am Ende im Gerichtssaal statt: Herausragende (klein)bürgerliche Individuen versuchen das Recht auf Arbeit verfassungsmässig durchzusetzen. Recht auf Arbeit? Oder sollte es da nicht vielmehr heissen, Zwang und Pflicht? Die Sozialdemokratie in Deutschland krepiert gerade daran, dass sie Arbeit verspricht, wo es sie in der alten Form nicht mehr für alle gibt. Hochhuth scheint davon nichts mitzubekommen. Genauso wenig nimmt er zur Kenntnis, dass viele nach Möglichkeit nicht mehr in die Fabriken einfahren wollen, für deren Erhalt Hochhuth wacker kämpft. Arbeit! Arbeit!! Arbeit!!! Warum sind all die Ostdeutschen der strebsamen DDR davongelaufen? Und warum diskutieren heute autonome Jobber- und Arbeitsloseninitiativen über das «Recht auf Faulheit» oder nennen sich «Die Glücklichen Arbeitslosen»? Wer möchte denn einfach die klassische Form der «Lohnarbeit» gutheissen und verteidigen, wo es um neue Formen von Arbeit und ein radikal neues System von Verteilung und Teilhabe ginge?
Total korrupt det Schwein Das sind Fragen, mit denen sich auch die UnternehmensberaterInnen von McKinsey herumschlagen müssen, sonst werden sie abgehängt und nicht mehr gebucht. Nicht jedoch ein moralisierender Betroffenheitsdramatiker wie Hochhuth. Bei ihm verschwinden gesellschaftliche Veränderungen hinter reaktionärem Geschwätz. So ziehen zwei vor der Entlassung stehende Arbeiterinnen auf der Bühne in Brandenburg eine alberne Spindnummer ab. Sie wirken als die blossen Objekte eines manisch
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