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19.2.2004

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«McKinsey kommt»

Rolf Hochhuth und das Missverständnis vom «politischen» Theater: Ein Premierenbericht aus dem ostdeutschen Brandenburg.
Von Andreas Fanizadeh
© Die Wochenzeitung, Zürich, 19.02.2004

autoritären Autors und geben Agitationsdeutsch von sich: «Betriebsrat (...) Total korrupt det Schwein. Dem jeht einer ab, wenn er mit dem Bossen bei Betriebsversammlungen in der ersten Reihe sitzen darf. Jenosse der Bosse, wie sein Kanzler!» Das zielt offensichtlich auf den Schulterschluss mit einem ressentimentgeladenen Publikum, das zumindest bei der Premiere nicht in der Mehrheit war. Der Applaus war verhalten. Glaubt da ein Elitist tatsächlich, sich so billig Volkes Zustimmung zu erkaufen?
Nebenbei streut Hochhuth mit «McKinsey kommt» kleine Huldigungen ans nationalkonservativ-aristokratische Millieu des Dritten Reichs über die Brandenburger Bühne. Da ist sie wieder, die alte Verehrung für den Generalfeldmarschall Erwin Rommel und den Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Er versteigt sich zu der abenteuerlichen Behauptung, die Entlassenen von heute und die Wehrmachtssoldaten von Rommels Afrikakorps gehörten zu ein und derselben Opferbewegung: «Ja, Diktator - wo ist der Unterschied, ob dich einer uniformiert in die Wüste schickt wie der Hitler sein Afrikakorps - oder in Zivil in die Wüste schickt wie unser Boss uns ... hast doch neulich auch den Stauffenberg-Film gesehen!» Nicht nur der Vergleich von Arbeitslosen mit den Überfallkommandos der Nazis erstaunt. Hochhuth bietet die Edelnazis Rommel und Stauffenberg im Weiteren auch als positive Identifkationsfiguren punkto Tyrannen- bzw. Managermord.
Der nationalkonservative Herr Hochhuth lässt seine «Rausgeworfenen» vor dem aktuellen Hintergrund in Deutschland noch andere albtraumhafte Sätze sprechen: «Und ABM - das kann auch schief gehen: Man müsste mal wieder 'nen paar Molli schmeissen.» «Mollis», Molotowcocktails, fliegen derzeit in Brandenburg schon nicht zu knapp. Zuletzt zum Beispiel am 28. Januar in den Döner-Imbiss von Mehmet Alatas in Hörlitz bei Senftenberg. Hochhuth zeigt sich von solch nationalen Besonderheiten unbekümmert. Sie existieren in seinem Stück nicht. Und auf die Frage, was eine «feindliche Übernahme» sei, lässt er eine zur widerständigen Schweizerin Verklärte in Brandenburg antworten: «Wenn Ausländer einheimische Arbeitsplätze killen, um Landsleute nicht zu liquidieren bei Fusionen. Der Staat darfs der Wirtschaft nicht allein überlassen, ob sie rentable Betriebe Ausländern verhökert.»
Der «nationalrevolutionäre Widerstand» hätte seine Freude, so er ins Theater fände. Das muss auch die Regie in Brandenburg befürchtet haben und steuert im Abspann mit ikonografischen Bildern der internationalistischen Bewegung gegen. An die rückwärtige Wand werden die Bilder vom Tod des Demonstranten Carlo Giuliani am G8-Gipfel in Genua projiziert. Doch zuvor hat Hochhuth die SchauspielerInnen bereits so ausführlich über SS-Manager und Anglizismen in der deutschen Sprache wettern lassen, dass dies auch nicht mehr hilft.


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