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Auf die Strasse, Tage des Zorns

Aus:
Woher der Wind weht, Seite 39-57

Von Ron Jacobs

Fast ein Jahr ist seit dem Parteitag der Demokraten vergangen, als Tausende junger Leute nach Chicago kamen und Pig-City fünf Tage lang auseinandernahmen. Diese Aktion war die Antwort auf die Krise des Systems: den Krieg, den Kampf der Schwarzen um Befreiung und das zunehmende Bewußtsein, daß diese Gesellschaft am Ende ist. Diesen Herbst werden wir wieder nach Chicago kommen: dieses Mal werden wir stärker, besser organisiert und geschlossener auftreten als letztes Jahr im August. Der SDS ruft die ganze Nation zu Aktionen vom 8.–11. Oktober in Chicago auf. Wir kommen wieder und werden alle mitbringen, die das letzte Mal nicht dabei waren. Students for a Democratic Society, Flugblatt, Sommer 1969 Nach dem Nationalkonvent im Juni 1969 kontrollierten Weatherman und RYM II den neuen SDS, obwohl ihre gerade mal 4.000 Mitglieder nur einen Bruchteil der Organisation ausmachten. Zu Hochzeiten, 1968, waren insgesamt circa 100.000 Studenten organisiert. Das nächste Ziel war klar: Sie wollten möglichst viele Jugendliche mobilisieren, um in Chicago zu demonstrieren: »Gegen den Krieg in Vietnam, für die Black Panther Party, in Solidarität mit allen politischen Gefangenen, inbesondere dem Black Panther Huey P. Newton und den acht Aktivisten, die wegen der Proteste gegen den Parteitag der Demokraten im vorigen Sommer angeklagt sind.«[1]
Nach dem Treffen des Organisationskomitees für die Aktionen im Herbst, dem sowohl Weatherman- als auch RYM IILeute angehörten, war eine weitere Spaltung des SDS vorgezeichnet, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht manifest wurde. Was Weatherman und RYM II verband, war ihre Opposition gegen Progressive Labor: PL warf der Black Panther Party einen schwarzen Nationalismus vor und kritisierte die Bereitschaft Nordvietnams und der FNL zu Friedensverhandlungen. Doch eine längerfristige Zusammenarbeit zwischen Weather und RYM II war unwahrscheinlich. Zwar waren beide von der Notwendigkeit eines bewaffneten Kampfes in den USA überzeugt, die Wahl eines geeigneten Zeitpunkts sowie die Frage, welche Rolle den weißen Arbeitern zukommen sollte, waren jedoch Quelle ständiger Auseinandersetzungen. Ende August verließ Mike Klonsky, nomineller Vorsitzender des RYM II, das Organisationskomitee, weil er unter anderem die These von Weatherman, daß die weiße Arbeiterklasse hoffnungslos reaktionär sei, entschieden ablehnte. Damit waren sowohl das Komitee als auch das National Office des SDS unter Führung von Weather. Bill Ayers, Mark Rudd und Jeff Jones leiteten das Office, und im Organisationskomitee für die Aktionen im Herbst waren außerdem noch Bernardine Dohrn, Terry Robbins und Kathy Boudin. RYM II sah in dem Aufruf zu Massendemonstrationen im Herbst die Chance, eine »Einheitsfront gegen den Imperialismus« zu bilden. Wenn man die Verbindungen zwischen Arbeiterkampf, Vietnamkrieg und den schwarzen Kolonien organisierte, so RYM II, könne eine »proletarische Mehrheit« für eine antiimperialistische Position gewonnen werden.[2]
Weatherman hingegen hielt die Bildung einer Einheitsfront in den spätkapitalistischen USA für sinnlos. Jeder Versuch, das System zu reformieren – ob Schulen, Arbeitsplätze, oder Armee –, war für Weather nichts weiter als das Bestreben, den ohnehin privilegierten Weißen zusätzliche Privilegien zu sichern. Mark Rudd und Terry Robbins formulierten diese Position in ihrer Antwort auf Klonskys offenen Brief, mit dem er das Komitee verlassen hatte: »Hier [in den Vereinigten Staaten] führen Kämpfe weder zwangsläufig zu einem kritischen Bewußtsein noch resultiert daraus der Aufbau einer revolutionären Bewegung. Ganz im Gegenteil, häufig verschleiern sie das Unterdrückungsverhältnis zwi- schen Kolonie und Mutterland, sie verschleiern, daß mit weißer Hautfarbe Privilegien verbunden sind, und sie verschleiern den Internationalismus.«[4]
Klonsky war der Ansicht, daß die Arbeiterklasse nur gewonnen werden könne, indem man sich ihren Problemen »mit Geduld, nicht

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Woher der Wind weht
Ron Jacobs
Eine Geschichte des Weather Underground
192 Seiten
1. Auflage 1999
ISBN: 3-89408-084-1
Preis: € 14.90   sFr 10 
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