Vorbereitungen, und denjenigen, die sich vorgenommen hatten, zur Aktionswoche zu fahren, wurde geraten, sich mit entsprechender Schutzbekleidung wie Footballhelmen und Gelenkpolstern auszurüsten. Die Kampfvorbereitungen führten zunehmend zur Selbstüberschätzung. In einer Rede vor Weather-Mitgliedern bei einem Aktionstreffen in Cleveland im August ’69 hielt Bill Ayers dem von den Panthers und anderen erhobenen Vorwurf, Weatherman sei eine Gruppe von Abenteurern, entgegen: »Wenn es sich wirklich um einen weltweiten Kampf handelt ..., dann ist es unmöglich, uns im Mutterland als Abenteurer zu bezeichnen ... Der Krieg hat doch schon längst begonnen.« Ayers beharrte darauf, daß Weatherman fest entschlossen sei, eine weitere Front im weltweiten revolutionären Kampf aufzumachen. Für ihn waren alle, die mit den Zielen von Weather nicht einverstanden waren, »Rechte, die ... nicht zu uns gehören, noch nie dazugehört haben, und auch niemals dazugehören werden«. Auf den Slogan »Dem Volk dienen« des Revolutionary Youth Movement entgegnete Ayers, daß Weatherman »das Volk bekämpfen « würde, wenn dies die Weltrevolution weiterbringen könnte.[24] Ein Autor der Bostoner Untergrund-Zeitschrift Old Mole schrieb darauf, daß »Weatherman vermutlich mit seiner Annahme Recht hat, daß es hier nicht zu einer Revolution kommen wird«; ihre Aktionen dienten allerdings nicht »der Sache der Unterdrückten – ob in Amerika oder in Vietnam –, sondern einzig der Sache von frustrierten Leuten in der Bewegung «.[25]
Zwei Tage vor der von Weatherman geplanten ersten Aktion am 8. Oktober wurde das zehn Fuß hohe Polizistendenkmal am Haymarket Square, von dem die »Massendemonstration« Ende der Woche losgehen sollte, durch eine Dynamit-Explosion zerstört. Die Statue stand da zum Gedenken an die Polizisten, die 1886 während des Volksaufstands am Haymarket ums Leben gekommen waren. Guardian, 18. Oktober 1969 [26] Weatherman und seine Anhänger trafen am 6. Oktober in Chicago ein, zwei Tage vor dem geplanten Beginn der Aktionen. Die Kirchen und Seminare, die als »Aktionszentren der Bewegung« gedacht waren, waren erst am nächsten Tag verfügbar, so daß das Weatherbureau andere Übernachtungsmöglichkeiten für die Aktivistinnen und Aktivisten suchen mußte. Am Mittwochabend, den 8. Oktober, nahmen die Militanten dieser »neuen revolutionären Armee« an der Eröffnungskundgebung im Lincoln Park teil. Die geschätzten Zahlen liegen zwischen 100 und 800 Beteiligten. Die Menge setzte sich zusammen aus Aktivisten mit jahrelanger Erfahrung in der Bewegung, proletarischen Jugendlichen aus dem Umland von Chicago, milchgesichtigen High-School-Kids aus den unterschiedlichsten Teilen des Landes, ein paar Anhängern der Gegenkultur und verdeckten Ermittlern aus allen möglichen Abteilungen des Staatsschutzes. Die Leute waren auf eine Konfrontation vorbereitet. Die meisten trugen schwere Stiefel mit Stahlkappen und waren mit Knüppeln oder kurzen Eisenstangen, wie man sie beim Betonbau verwendet, bewaffnet. Fast alle hatten zum Schutz Motorrad- oder Footballhelme dabei, trugen Handschuhe und feste Kleidung (überwiegend schwarz), um gegen Tränengas oder andere chemische Kampfstoffe der Polizei geschützt zu sein. Für Weatherman zählte in erster Linie die Frage, wie viele Demonstranten gekommen waren. Als es endlich losging, wurde deutlich, daß in dieser Nacht keinesfalls zehntausend kämpfende Jugendliche auf der Straße sein würden. Dennoch bestand Hoffnung, daß mehr als ein paar Hundert erschienen. Als man schließlich im Park um ein Feuer herumstand und auf das Eintreffen des Leitungskollektivs wartete, kam man nicht umhin, die aufmarschierte Polizei in Bürgerkriegsausrüstung wahrzunehmen, die sich in den umliegenden Straßen formiert hatten. Schließlich erschien das Leitungskollektiv, in militärischen Tarnanzügen, und die Kundgebung konnte beginnen. Weniger als tausend Leute waren zu der Versammlung gekommen. Die Redner begrüßten die Anwesenden als
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