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Entwicklungslinien des Empire

Aus:
Kritik der Weltordnung


Von Giovanni Arrighi

verglichen mit der im ausgehenden 20.Jahrhundert als »winzig« abtun. Proportional gesehen, waren die Migrationsbewegungen im 19. Jahrhundert jedoch erheblich umfangreicher, vor allem dann, wenn man die Migration in und aus Asien mit einrechnet (vgl. Held et al, 199, Kapitel 6). Darüber hinaus erweist sich die Behauptung, das Spekulations- und Finanzkapital sei dahin geflossen, »wo der Preis der Arbeitskraft am niedrigsten ist und die Ordnungsmacht, um die Ausbeutung zu garantieren, am besten«, nur zu einem geringen Teil als richtig. Richtig ist sie nur, wenn man alle möglichen anderen Sachverhalte, zuerst und vor allem das nationale Einkommen pro Kopf, gleichsetzt. Aber die meisten anderen Sachverhalte (und wiederum speziell das nationale Einkommen pro Kopf) sind in den verschiedenen Weltregionen und den unterschiedlichen Rechtssystemen jedoch keineswegs gleich. Und eine Folge ist, dass sich der weitaus umfangreichste Teil der Kapitalströme doch zwischen den reichen Ländern bewegt, wo der Preis der Arbeitskraft vergleichsweise hoch ist und die Ordnungsmacht vergleichsweise selten eingreift, um die Ausbeutung zu garantieren, während relativ wenig Kapital wirklich von den reichen in die armen Länder fließt.

Die von mir angeführten Beispiele sind nicht die einzigen Sachdarstellungen innerhalb der Schilderung von Empire, die sich bei genauerem Hinsehen als unzulänglich oder falsch herausstellen. Sie gehören dennoch sicherlich zu den wohl entscheidenden, was die Glaubwürdigkeit der im Buch gegebenen Rekonstruktion gegenwärtiger sozialer Tendenzen und vor allem auch politischer Konsequenzen anbelangt. Denn der Optimismus von Hardt und Negri im Hinblick auf die Möglichkeiten, die die Globalisierung für eine Befreiung der Menge eröffnet, beruht weitgehend auf ihrer Annahme, dass das Kapital im Empire auf einen doppelten Ausgleich der Existenzbedingungen der Menge hin tendiere: zum Ausgleich durch die Kapitalmobilität von Nord nach Süd einerseits und durch die Arbeitsmobilität von Süd nach Nord andererseits. Wenn nun aber diese Mechanismen nicht wirksam sind, und unter den gegenwärtigen Umständen sind sie es anscheinend nicht, dann dürfte der Weg zu einer weltweiten Staatsbürgerschaft und zu einem für alle Bürger garantierten Einkommen weitaus länger, beschwerlicher und unsicherer sein, als Hardt und Negri nahe legen.

II.

Mögliche Aspekte dieses beschwerlichen und unsicheren »Langen Marschs« werde ich im Folgenden behandeln, indem ich die Kritik von Hardt und Negri an meinem eigenen Versuch, die Evolution des historischen Kapitalismus in der frühmodernen und modernen Zeit zu erläutern, aufgreife und auf sie antworte. Hardt und Negri rechnen mich zu jenen Autoren, die »der Analyse und Kritik des Empire den Boden« bereitet haben (S. 421, Fn. 5). Zugleich aber stellen sie meine Rekonstruktion der systemischen Akkumulationszyklen in dem Buch The Long Twentieth Century (1994) als ein Musterbeispiel für jene Zyklentheorien des Kapitalismus heraus, die



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Kritik der Weltordnung
Thomas Atzert / Jost Müller (Hg.)
Globalisierung, Imperialismus, Empire
144 Seiten
1. Auflage 2003
ISBN: 3-89408-089-2
Preis: € 14 
(zzgl. Porto+Versand)
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