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Entwicklungslinien des Empire

Aus:
Kritik der Weltordnung


Von Giovanni Arrighi

abgeschlossen hatte, war ich also weit weniger zuversichtlich als Hardt und Negri im Hinblick auf die Möglichkeit, dass unter den gerade entstehenden Bedingungen der Weltmarktintegration der proletarische »Ausweg« (die Süd-Nord-Migrationen) und die proletarische »Stimme« (die Kämpfe gegen Ausbeutung, Ausschließung und Unterdrückung) quer zu den nationalen, zivilisatorischen, rassistischen und geschlechtlichen Trennungen mehr Solidarität, Gleichheit und Demokratie voranbringen werden. Die 1990er Jahre haben, wie mir scheint, zahlreiche Belege geliefert, die der idealisierenden und idealistischen Sicht der Multitude oder Menge, die Hard und Negri in Empire fördern, entgegenstehen und stattdessen für meine frühere Warnung sprechen, dass die Intensivierung der Konkurrenz auf dem globalen Markt – einschließlich und vor allem ihrer Verschärfung durch die Arbeitsmigration – die patriarchalischen, rassistischen und national-chauvinistischen Neigungen des Weltproletariats verstärken könnte. Dies ist ein erster wichtiger Grund, weshalb in meinen Augen der Weg zu einer weltweiten Staatsbürgerschaft und zu einem allen Bürgern garantierten Einkommen vorhersehbar weitaus länger, beschwerlicher und unsicherer sein wird als Hardt und Negri behaupten.

Andere ebenso wichtige Gründe haben mit der idealisierenden und idealistischen Sicht nicht nur auf die Multitude, sondern auch auf das Kapital und das Empire zu tun. Und hier wird die fehlerhafte Deutung relevant, die Hard und Negri meiner Rekonstruktion der systemischen Akkumulationszyklen geben. Denn die Rekonstruktion hält nicht, wie sie es darstellen, davon ab, systemische Brüche und Paradigmenwechsel zu erkennen, noch beschreibt sie die Geschichte des Kapitalismus als ewige Wiederkehr des immer Gleichen, noch auch verdeckt sie den Antrieb des Prozesses aus Krise und Restrukturierung. Tatsächlich leistet sie vielmehr genau das Gegenteil, insofern sie aufzeigt, wie – weltgeschichtlich – systemische Brüche und Paradigmenwechsel gerade dann eintreten, wenn das »Gleiche« (in Form periodisch auftretender systemweiter finanzieller Expansionen) wiederzukehren scheint (und in einem bestimmten Sinn wirklich auch wiederkehrt). Mehr noch, im Vergleich der aufeinander folgenden Perioden von Wiederkehr und Bruch verdeutlicht die Rekonstruktion, wie sich der Antrieb von Krise und Restrukturierung (wie auch das Mittel der kapitalistischen Expansion) mit der Zeit gewandelt hat, sodass sich die Krise in der Gegenwart nach zentralen Gesichtspunkten beurteilt als neuartig darstellt.

Genauer gesagt, die Rekonstruktion der systemischen Akkumulationszyklen verfolgt ein doppeltes Ziel. Zum einen handelt es sich darum, die unterscheidenden Charakteristika des Weltkapitalismus als eines historischen sozialen Systems (im Gegensatz zu einem idealtypischen sozialen System) zu bestimmen. Zum anderen geht es darum zu bestimmen, welche Bedingungen des gegenwärtigen Weltkapitalismus im Blick auf seine gesamte Lebensgeschichte wirklich



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Kritik der Weltordnung
Thomas Atzert / Jost Müller (Hg.)
Globalisierung, Imperialismus, Empire
144 Seiten
1. Auflage 2003
ISBN: 3-89408-089-2
Preis: € 14 
(zzgl. Porto+Versand)
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